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Archiv-Artikel

dariusz zuraw Wie der Kaiser

Als Dariusz Zuraw auf dem Rasen zusammensank, hätte er vielelicht einmal an den Kaiser denken sollen. Denn Zuraw hatte gegen den VfB Stuttgart den Ball mit Verve ins eigenen Netz befördert, was nicht nur ärgerlich, sonder auch noch folgenreich gewesen war. Zuraws Tor bedeutete den 2:1-Siegtreffer des VfB Stuttgart – und somit die Niederlage für Zuraw und seine wackeren Hannoveraner, die nun im Abstiegskampf allerlei illustre Gesellschaft aus Nord und Süd grüßen können.

Das Eigentor: immer wieder ärgerlich, manchmal nicht vermeidbar. Kommt aber in den besten Kickerfamilien vor. Franz Beckenbauer, der Kaiser, gab gleich viermal die Rolle des Unglücklichen, doch es liegt in der Natur des Münchners, dass die anderen viel unglücklicher drüber waren als er selbst. „Und wer deckt den Beckenbauer“, fragte Keeper Sepp Maier einmal sorgenvoll vor einem Spiel. Ja mei.

Zuraw jedenfalls war ganz regelkonform bestürzt, und die Stuttgarter freuten sich, denn es war mal wieder heiß hergegangen. Arthur Boka, der Linksverteidiger von der Elfenbeinküste, war in der Schlussphase vom Platz geflogen, die Begründung lautete rohes Spiel. Zuvor hatte Roberto Hilbert den VfB in der zweiten Minuten in Führung gebracht, die Steven Cherundolo nach etwas mehr als einer Stunde ausglich, und das war gar nicht mal unverdient, denn die spielerische Qualität war in Stuttgart schon mal besser gewesen. Dann kam Zuraws großer Auftritt in der 75. Minute und nach dem Schlusspfiff sehr starker Jubel auf der VfB-Bank. Denn Coach Armin Veh hat gut lachen. Zum einen war er ja vor der Saison als die Pfeife schlechthin gehandelt worden, auf dessen Kopf die Buchmacher nur noch ungern Wetten hatten annehmen wollen. Zum anderen macht er den Bayern den Platz in der Champions League streitig, und das Match der Bayern in Stuttgart steht ja erst noch an. Dass die Stuttgarter seit Wochen ohne Mario Gomez auskommen, dessen lädierte Hand einen Einsatz noch immer nicht möglich macht, spricht für die Ausgewogenheit des Ensembles. Manche waren sogar noch so nett, Zuraw aufrichten zu wollen. Doch dem war das alles kein Trost. Nicht jeder ist zum Kaiser geboren.

STEFAN OSTERHAUS