brief des tages:
Vorschriften sind kontraproduktiv
„Sprachkritik darf kein Elitenprojekt sein“
taz vom 6. 2. 21
Ich würde gern die Seltsamkeit angreifen, dass es in der Debatte um Gendern und auch in der Praxis dessen immer nur ALLES oder NICHTS gibt. Die verhärtete Gegenüberstellung lautet: Entweder gendere ich den Text von oben bis unten durch oder ich belasse es einfach beim generischen Maskulinum. Dabei gibt es eine Vielfalt an Strategien, die wir mehr oder weniger gekonnt zum Einsatz bringen können. Zwischentöne müssen unbedingt erlaubt sein. Dazu brauche ich weder einen Leitfaden, noch muss ich mir von irgendeinem Gleichstellungsbüro sagen lassen, dass irgendein Zeichen an der Morphemgrenze (Leser/innen, Schreiber!innen, Nutzer:innen) meine Kognition irgendwohin lenke. Es gibt in der Debatte Behauptungen, die auf keiner Forschung fußen. Sie sind nicht widerlegt, aber eben auch nicht belegt. Verschiedene Büros verpflichten ihre Institutionen auf verschiedene Zeichen an der Morphemgrenze. Mit dieser Zuschreibung einer solch enormen Relevanz an Sternchen versus sonst was stehen wir im deutschen Sprachraum international allein da.
Helga Kotthoff, Freiburg
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