american pie: Alles Müller und Messi
Miami und Vancouver stehen im Finale der Major Soccer League und es gibt nur ein Thema
Als Kampf der Ikonen kündigt die Major League Soccer das Meisterschaftsfinale zwischen Inter Miami und den Vancouver White Caps an. Gemeint ist damit das Duell zwischen Lionel Messi und Thomas Müller, das am 6. Dezember angepfiffen wird und für die Liga womöglich die größte Nikolausbescherung ist. Die MLS lebt von ihren alternden Helden. Die große Vergangenheit ihrer Protagonisten ist ihr größtes Kapital. Und in Deutschland sind sich die Berichterstatter eh einig: Es ist schlicht ein Traumfinale.
Es ist noch nicht lange her, da gestand Müller einem deutschen Reporter, in Kanada doch etwas zu vermissen. Er sehnte sich nach dem immensen Druck und der damit verbundenen Aufmerksamkeit, die er von seinen 7 Jahren Profijahren beim FC Bayern München kannte. Der nun anschwellende Müller-Messi-Hype ist ganz in seinem Sinne. „Das Spiel wird dadurch ein bisschen wichtiger, als es ohnehin schon ist“, gab er zu bedenken. „Also eine perfekte Situation für alle Beteiligten.“ Müller ist und bleibt ein passionierter Wettkämpfer.
So hat der 36-Jährige vermutlich nur der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass ja eigentlich Vancouver gegen Miami gegeneinander spielen würden. Die Statistiken der beiden Fußballweltmeister werden schon längst gegeneinander geschnitten. Zehnmal standen sich die beiden bereits gegenüber, siebenmal ging Müller als Sieger vom Platz. Hierzulande wird genüsslich an das WM-Finale 2024 und an den 8:2-Sieg des FC Bayern 2020 gegen den FC Barcelona erinnert. Da ist es dann verschmerzbar, dass Messi während seiner Karriere doch ein paar Titel (47:35) mehr gewonnen hat und der etwas bessere Fußballer ist.
Ein kleiner Blick auf die aktuelle Lage, die Müller-Messi-Nostalgiker mögen es verzeihen, ist dennoch interessant. Denn so ganz unbekannt sind die Mitspieler von Müller und insbesondere von Messi auch wiederum nicht. Beim deutlichen 5:1-Erfolg von Inter Miami im Halbfinale gegen New York City FC halfen noch die einstigen spanischen Weltklassespieler Jordi Alba und Sergio Busquets sowie die uruguayische Stürmerlegende Luis Suárez mit. Immens viel Geld hat der Verein, zu dessen Eigentümern David Beckham zählt, in den letzten Jahren ausgegeben, um endlich einmal den höchsten nationalen Titel zu erlangen. Knapp 47 Millionen Euro soll der Kader diese Saison kosten.
Messi bleibt mit seinen 38 Jahren eine unverzichtbare Größe. Seine Statistiken sind nach wie vor außergewöhnlich. Mit sechs Toren und fünf Vorlagen hinterließ er in den Play-offs einen bleibenden Eindruck. In der gesamten Saison hat er in 32 Spielen 35 Tore erzielt. Die Bedeutung von Messi für Miami deutet Müller als möglichen Vorteil für seine Vancouver Caps: „Vielleicht verlassen sie sich ein bisschen mehr auf ihn als wir auf mich, weil wir so eine gute Mannschaft sind, verstehen Sie, was ich meine?“
In der Tat lief es bei den Vancouver Caps, die ebenfalls noch nie die MLS gewonnen haben, bereits vor der Ankunft von Müller im Sommer außergewöhnlich gut. Mit ihm hat das Team noch einen zusätzlichen Trainer auf dem Spielfeld erhalten, wie Mitspieler Brian White kürzlich feststellte. Als Motivator und Antreiber auf dem Spielfeld wirkt Müller sowieso wie eh und je. Radio Müller sendet auch auf Englisch ohne Reibungsverluste. Aber als der angeschlagene Deutsche im Halbfinale bei San Diego FC (3:1) eher unauffällig blieb und schon nach einer Stunde vom Rasen musste, tat das dem Spiel seines Teams keinen Abbruch.
Allein mit alternden Helden ist die MLS nicht zu gewinnen. Das hat man mittlerweile auch bei Inter Miami festgestellt. Suárez kam zuletzt nur von der Bank. Neben Messi stürmen stattdessen nun Tadeo Allende (26) und Mateo Silvetti (19).
Gegen ein wenig Heldenfußball hätte Thomas Müller gewiss nichts einzuwenden. Er empfiehlt: „In Europa schon mal den Wecker stellen.“
Johannes Kopp
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