: Zwischen Gotham-City und Entenhausen
Finissage im Paula Modersohn-Becker Museum: Die Überseestadtmasterplaner stellen sich den Fragen des Publikums
Phantomschmerzen lassen sich nicht betäuben, nur ignorieren. Das war bislang auch der Umgang Bremens mit seinem beerdigten Hafen. Aber es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen lebenden Organismen höherer Ordnung und Städten: An die Stelle von deren abgeschlagenen Teilen können neu besiedelte Viertel treten.
Damit diese Planungsgebiete keine fühllosen Prothesen werden ist Dialog nötig – zwischen Stadtplanern und Stadtbewohnern: Initiiert hat den das Paula Modersohn-Becker Museum mit einer Ausstellung zum Masterplan Überseestadt. Rund 10.000 Besucher hätten sich das Modell und die Dokumentation angeschaut, schätzt Kurator Daniel Schreiber bei der Finissage. Allmählich scheinen die Bremer ein Gespür dafür zu bekommen, dass die Neugestaltung des 90.000 Hektar-Areals nicht nur ein Appendix ihrer Stadt sein wird. Sondern ihr zukünftiges Gesicht prägen wird.
Dafür sprechen auch die Sorgen und Ängste, die im Gästebuch des Museums notiert wurden. Schreiber trägt die Kritik am Bebauungs-Entwurf der auf dem Podium versammelten Riege der Masterplaner vor: Etwa den Einwand, es sei zu wenig kleinteilig gedacht worden, den Architekt Rainer Schürmann nicht gelten lassen will, das Übergewicht an Gewerbegebietsflächen. Aufs konkrete Beispiel – das Frischezentrum – geht Überseestadt-Geschäftsführer Detlef Kniemeyer vorsichtshalber nicht ein. Im Übrigen sieht er die Dominanz auch darin begründet, dass der Plan aus dem Jahr 2000 stamme – also eigentlich schon überholt ist. Einige der besetzten Flächen seien ja mittlerweile frei geworden. Und Uwe Bodemann, Kniemeyers Nachfolger als Senatsbaudirektor, befindet mit Blick auf die Visualisierungen des Masterplans, es sei „eigentlich schon eine ganz schöne Stadt, die wir da entworfen haben“.
Deren Hauptproblem ist ein Mangel an Konkretion: Der Plan lässt von Gotham-City über ein weiteres Entenhausen bis zum weltstädtischen Flair alles zu. Hoffnungsfroh aber stimmt, dass Grünflächen zwar nicht richtig eingezeichnet, aber immerhin: auch nicht vergessen wurden. Und dass am Europahafen Platz gelassen wurde, an den sich Bodemann, analog zu Bilbao, und, mit festem Blick auf die Kulturhauptstadtwerbung, eine kulturelle Institution „mit Wahrzeichen-Charakter“ wünscht. Nur hat Bremen keinen Santiago Calatrava. Und – ums kryptisch zu sagen: mit einem Modearchitekten der 90er-Jahre lässt sich Zukunft nicht bauen. bes