: Zwielicht statt Rampenlicht
■ Interessent für Schiller Theater wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt / Prozeß auch in Österreich
Wenige Wochen vor Ende der Spielzeit auf den senatseigenen Brettern gerät Kultursenator Ulrich Roloff-Momin immer mehr an den Rand der Bühne. In allerletzter Minute droht der von ihm mitgetragene Mietvertrag für das Schiller Theater, der heute mit dem Musical-Manager Peter Schwenkow unterschrieben werden soll, zu platzen. Nachdem bereits die SPD-Fraktion die nachgebesserten Konditionen aufs Korn genommen hatte, reihte sich nun auch die Spitzenkandidatin der Partei, Ingrid Stahmer, in die Front der Gegner ein. Sie könne dem Vertrag auf der heutigen Senatssitzung nicht zustimmen.
Den Ärger, den Schwenkow und sein Partner Rolf Deyhle auslösen, dürfte den von der SPD gestützten parteilosen Kultursenator kaum überraschen. Das Duo sorgt seit Monaten in Österreich, wo es das Wiener Ronacher-Theater betreibt, für Wirbel. Seit dem Frühjahr müssen sich die beiden Manager einer Klage der Vereinigten Bühnen Wien erwehren. Vorwurf: Die Deutschen hätten das zur symbolischen Jahrespacht von einem Schilling überlassene Ronacher- Theater vertragswidrig für 100.000 Schilling pro Abend an Dritte weitervermietet. Außerdem sei in den Verhandlungen die Bespielung von Musicals ausgeschlossen worden – ein Vorwurf, den Schwenkow energisch bestreitet. Deyhles Image ist seit Juni vergangenen Jahres erheblich lädiert. Das Landgericht Stuttgart verurteilte ihn wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung rechtskräftig zu einer Geldbuße von 800.000 Mark.
Pech hat der Multiunternehmer auch in der Filmbranche: Sein Lieblingsprojekt, die US-Gesellschaft „Capella Films“ steht kurz vor der Pleite, wie vor wenigen Wochen die Zeitschrift Hollywood Reporter meldete. Deyhle drohe ein Verlust von 100 Millionen Dollar, so das US-Magazin.
Sollten sich die SPD-Senatoren tatsächlich querstellen, geht Schwenkow und seinem Partner Deyhle ein einmaliges Billigangebot durch die Lappen: Denn der ausgeklügelte, überarbeitete Vertragstext sieht eine Jahrespacht von 8.000 Mark für Büroräume, Lagerflächen und Parkplätze vor – keinen einzigen Pfennig hingegen muß für den Theaterraum hingeblättert werden. Weitere 400.000 Mark Jahrespacht stehen nur auf dem Papier, weil das Land sie für den Fall erläßt, daß Schwenkow jährlich eine halbe Million Mark „nichtproduktionsbezogene Investitionen“ tätigt. Eine dehnbare Floskel, wie Kritiker monieren: Schwenkow, der schon die Waldbühne und den Wintergarten hält, wird selbst überlassen, ob er die Summe für dringend benötigte Renovierungsarbeiten ausgibt.
Angesichts des Merkwürdigkeiten, die die Berliner Vertragsverhandlungen von Anbeginn begleiteten – Schwenkow und Deyhle werden gute Beziehungen zur CDU nachgesagt –, keilt nun die Konkurrenz zurück. Musical-Betreiber Friedrich Kurz, der in der Freien Volksbühne „Shakespeare and Rock 'n' Roll“ abnudelt, reichte in den letzten Tagen eine Unterlassungsklage und einen Antrag auf einstweilige Anordung vor dem Verwaltungsgericht ein. Der Pachtvertrag sei eine „beispiellose verschleierte Subvention“, heißt es unter anderem in der Klageschrift.
Ebenso meldete sich Mitbewerber Wolfgang Bocksch, der seit rund einem Jahr im Schiller Theater Musicals aufführt, per Fax aus dem australischen Sydney bei Roloff-Momin. Der Senator solle „endlich im Zuge eines fairen Wettbewerbs“ sein eigenes Angebot prüfen.
Bocksch erneuerte gestern sein Angebot, für 500.000 Mark Jahrespacht das Schiller Theater zu übernehmen und zusätzlich 880.000 Mark für Bewirtschaftungs- und weitere 350.000 für Personalkosten zu übernehmen. Außerdem sei er bereit, bis zum Jahr 2003 „nachweislich mindestens fünf Millionen Mark für nichtproduktionsbezogene Investitionen“ aufzubringen. Severin Weiland
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