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Zwerg ohne Gliedmaßen

■ Philips bestätigt Radikalschrumpfung

Der Elektronik-Riese Philips wird zum Zwerg ohne Gliedmaßen. Die Halbierung der Belegschaft beim Unternehmensbereich Consumer Electronics (CE) bis Mitte '96 ist beschlossenen Sache, nur um Einzelheiten der Verstümmelung wird gefeilscht. „Es ist, als ob die Extremitäten abgetrennt werden und man nur den Rumpf mit den lebensnotwendigen Organen erhalten will“, urteilt die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Charlotte Rademacher.

Der frischgebackene Philips CE-Geschäftsführer Felix Meures, erst drei Monate dabei und schon äußerst tatendurstig, hatte in einer Betriebsversammlung am Dienstag die Bombe platzen lassen. Die Pläne aus der Chefetage: Alle Niederlassungen werden geschlossen, den Service übernehmen Fremdfirmen, das Zentrallager in Dietzenbach bei Frankfurt macht dicht, Neustrukturierung des Vertriebs. Unterm Strich bedeutet dies: 318 von 643 Arbeitsplätze weniger. In Hamburg trifft es rund 150 Mitarbeiter.

„Der Keulenschlag“, so Betriebsrätin Rademacher, „kam überraschend“. Zweifel an der Durchsetzung der radikalen Pläne habe man nicht: „Das war kein Schreckschuß. Die haben voll durchgeladen“. Der Betriebsrat prüft nun das Konzept.

Im Servicebereich, den eine eigenständige GmbH übernehmen soll, können neue Arbeitsplätze angeboten werden, beschwichtigt Philips-Sprecher Gerd Götz. Doch viele werden es nicht sein: „Wir setzen auf kleine Serviceteams.“ Die Kunden würden keine Nachteile spüren. Auch wenn wegen der neuen Logistik-Strategie die Ersatzteile aus ganz Europa kommen, bedeute dies weder teurere Reparaturen noch längere Wartezeiten. Beim Konkurrenten Panasonic ist gerade die umgekehrte Entscheidung gefallen: „Wir haben wegen der geringeren Kosten den meisten Service ins Unternehmen aufgenommen“, so Sprecher Christian Sommer und sticht: „Wir haben vielleicht auch weniger Reparaturen“.

Der Torso der Philips CE hat nach Ansicht von IG Metall-Sekretär Gunter Barnbeck keine Überlebenschance: „Wir werden für den Arbeitsplatzerhalt kämpfen“. Betriebsrätin Rademacher hat mehr Ideen: „Wer sagt eigentlich, daß das Management zu den lebenswichtigen Organen eines Betriebs gehört?“ Katrin Wienefeld

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