: Zwei Billionen Dollar im Ausverkauf
■ Die Nullen im Pentagon und der US-Rüstungsindustrie im Rausch von 2.000.000.000.000 Dollar / Weinberger gerät unter Beschuß / Korruptionsverdächtiger Justizminister soll Bestechungen aufdecken / Namen über Namen aus dem Pentagon
Berlin (wps/dpa/taz) - Die Serie der Korruptionsskandale in den USA reißt nicht ab. Doch nach der Irangate-Affäre macht sich Gewöhnung breit. Wer weiß schon, wer von den Politikern in der US-Regierung und im Kongreß noch unbelastet ist? Daß gerade Finanzminister Meese, der selbst in einen Korruptionsfall verwickelt sein soll, im jetzt bekannt gewordenen Pentagon-Bestechungsskandal die Untersuchungen führen wird, gehört dabei noch zu den mit süffisantem Lächeln hingenommenen Normalitäten der US-Hauptstadt. Daß aber gerade Reagans ehrbarster und treuester Diener, der ehemalige Pentagon-Chef Caspar Weinberger, durch seinen laschen Führungsstil der Bestechung in der größten Militärbehörde der Welt Vorschub geleistet haben soll, wird auch in der korruptionsverwöhnten Polit-Szene Washingtons Wellen schlagen. Wie ein früherer enger Mitarbeiter Weinbergers erklärte, überließ der Pentagon-Chef seinen Mitarbeitern nur zu gerne die Details, wie die zwei Billionen Dollar ausgegeben werden sollten, über die das Pentagon zwischen 1981 und 1987 verfügte. Weinbergers engster Berater, der im April 1987 ausgeschiedene Marineminister John Lehman, soll auch die Hauptfigur in der Pentagon-Affäre gewesen sein.
Der Vorgang ist üblich und im Laufe der Jahre vermutlich hundertfach vollzogen worden: Hohe Offiziere und zivile Angestellte des Pentagons kommen in gutbezahlten Jobs in der Rüstungsindustrie unter oder machen sich als Berater und Lobbyisten mit besten Verbindungen zu ihrem Ex-Arbeitgeber selbstständig. Umgekehrt sitzen viele ehemalige Spitzenangestellte von Rüstungsunternehmen auf einflußreichen zivilen Posten im Pentagon.
Aus den Rüstungsunternehmen sollen über Berater und Lobbyisten Geld und allerlei Annehmlichkeiten ins Pentagon geflossen sein. Zurück kamen Geheiminformationen über lukrative Auftragsausschreibungen.
Eine der Hauptfiguren in dem Skandal, Melvyn Paisley, war zum Beispiel bis 1981 hoher Angestellter der Firma Boeing. Das Unternehmen zahlte Paisley eine Abschlagsumme von 183.000 Dollar, als er als Chef der Forschungsabteilung der US-Marine ins Verteidigungsministerium wechselte. Nach seinem Abschied 1987 gründete er eine Beraterfirma natürlich mit besten Beziehungen zu vielen früheren Kollegen auf beiden Seiten.
Auch Frank Carlucci, der jetzige Pentagon-Chef, gehörte dem Direktorium der Computer- und Elektronikfirma Unisys an, bevor er im Januar 1987 zunächst Sicherheitsberater und später Verteidigungsminister wurde. Aus seinen Steuerunterlagen geht hervor, daß er von November 1990 an 14.300 Dollar Jahrespension von dem Unternehmen beziehen wird, das zu jenen 15 zählt, gegen die ermittelt wird.
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