■ Mit Myanmar auf du und du: Zwangsboom
Davos (taz) – Als die birmesische Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi im letzten Sommer aus dem Hausarrest entlassen wurde, sahen alle Kommentatoren darin keine Schwäche, sondern eine Stärke der Regierung. Während die seit 1988 regierenden Generäle mit eiserner Faust für Ruhe im Land sorgen, setzt der von ihnen eingesetzte Staatssicherheitsrat (SLORC) auch auf Erfolge an der Wirtschaftsfront. Im Haushaltsjahr 94/95 wuchs das Bruttosozialprodukt um 6,8 Prozent.
Vier außenwirtschaftliche Ziele der Regierung hat die Beratungsfirma Oxford Analytica ausgemacht: Reis, Energie, Investitionen und Tourismus. Die Ausfuhren von jetzt einer Million Tonnen Reis mit einem Erlös von fast 200 Millionen Dollar sollen bis 1998 verdreifacht werden. Haupthindernis ist der Mangel an Düngemitteln: Eine Million Tonnen werden jährlich benötigt, die inländische Kapazität liegt bei nur 150.000 Tonnen. Deswegen wird eine Fabrik mit einer Kapazität von 640.000 Tonnen gebaut.
Ein weiteres Problem ist die staatliche Ankaufpolitik. Ein Viertel der Ernte und zusätzlich eine feste Menge pro Hektar müssen unter Marktpreis an die Regierung abgetreten werden. Gerade in ärmeren Gegenden müssen die Bauern häufig mehr als die Hälfte ihrer Ernte unter Marktpreis abgeben. Die Weltbank kritisiert, daß deswegen dort, wo die Ernten gesteigert werden könnten, das Kapital fehlt.
Von den drei Milliarden Dollar, die seit dem Putsch von 1988 in Myanmar investiert wurden, ging die Hälfte in die Öl- und Gasexploration und stammt vorwiegend von US-, französischen und britischen Gesellschaften. Zwei große Gasfelder werden ab 1998 zu Hauptdevisenbringern, Großabnehmer wird Thailand sein. Hier sehen die Fachleute aus Oxford aber auch den verletzlichsten Teil von SLORC: Wenn die Repression wieder zunimmt, sind weitere Investitionen kaum zu erwarten. Zwar waren es japanische Konzerne, die faktisch für die Freilassung von Aung gesorgt haben – dafür gibt es Projektgelder von der Asiatischen Entwicklungsbank und japanische Exportkreditgarantien. Aber noch fehlt die entgültige Entscheidung der Regierung in Tokio.
Besonders vernachlässigt ist der Tourismus. 1995 ließen 60.000 Gäste rund 6 Millionen Dollar im Land. Tourismus-Minister Generalleutnant Kyaw Ba möchte 1996 eine halbe Million BesucherInnen haben, aber dazu wären gewaltige Investitionen notwendig. Dem Ruf des Regimes haben dabei Vorwürfe geschadet, daß für Infrastruktur- und Denkmalschutzprojekte Zwangsarbeiter eingesetzt werden. Dietmar Bartz
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