: „Zusammenarbeit verbessert“
Psychisch Kranker von Polizist angeschossen. Ermittlungen deuten auf Notwehr: Der Kranke war mit gezücktem Messer unterwegs. Bisher war er nicht vorbestraft. Nun könnte nach einem Strafverfahren die Einweisung drohen
bremen taz ■ Der 66-jährige Mann, der am frühen Montagmorgen, von einer Polizeikugel getroffen, ins Krankenhaus eingeliefert wurde, ist auf dem Weg der Besserung. Körperlich. Er sei außer Lebensgefahr, hieß es gestern. Was die psychische Verfassung des Mannes betrifft, dauern die Ermittlungen noch an. Im weit reichendsten Fall droht dem psychisch kranken Mann, der erst im März, nach dreiwöchigem Aufenthalt aus dem Klinikum Ost entlassen worden war, nach einem Prozess die Zwangseinweisung in die Forensik.
Zu dem Schuss am Montagmorgen gegen sieben Uhr kam es, weil der Angeschossene mit einem langen Küchenmesser auf eine Polizeistreife losgegangen war. Nach Zeugenberichten handelte der Polizeibeamte in Notwehr, als er auf den Angreifer schoss – und dabei dessen Schulter traf. Zuvor hatte der Polizist zwei Warnschüsse in die Luft abgegeben, nachdem auch Pfefferspray den Kranken nicht zur Aufgabe bewegte. „Der Mann hat gewusst, dass er Polizisten gegenüber steht“, betont Polizeisprecher Dirk Siemering.
Den Beamten jedoch wurde erst im Lauf späterer Ermittlungen klar, dass es sich bei dem alkoholisierten Mann um einen polizeibekannten psychisch Kranken aus Oslebshausen handelte: Der bislang nicht vorbestrafte Mann war im Polizeicomputer registriert, weil er sich und andere bereits mehrfach gefährdet hat – unter anderem im Straßenverkehr. Auf Selbstgefährdung ging auch seine letzte Einweisung in die Klinik zurück.
Am Montag hatten besorgte Fahrgäste in der Straßenbahn Linie 2 den Fahrer auf das ungewöhnliche Verhalten des Mitreisenden aufmerksam gemacht: Der stach hinten im Zug auf eine mitgebrachte Plastiktüte ein. Eine Videoaufzeichnung durch die Bremer Straßenbahn AG davon existiert nicht. Als der Mann die herannahende Polizei entdeckte, stieg er an der Waller Haltestelle Landwehrstraße aus und ging – so die Polizei – mit dem Messer in der erhobenen Hand drohend auf die Beamtin und den Beamten zu.
Die Bremer Gesundheitsbehörde bestätigte gestern, dass der Mann mehrfach dem Sozialpsychiatrischen Dienst vorgestellt wurde. Nach seiner letzten Klinikentlassung habe es weder Anlass noch Handhabe für weitere Maßnahmen gegeben. Der Kranke hatte aber einen Rechtsbetreuer. Die nach einem tragischen Todesfall verbesserte Zusammenarbeit zwischen Polizei und Sozialpsychiatern bewerteten alle Beteiligten gestern als positiv. ede