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Zurück zu den Kunstschätzen von Dakar

■ Warum Macodou Niang in Bremen das Restaurieren gelernt hat

Jetzt ist er schon wieder fort. Reist irgendwo in der Republik umher. Um sein Handwerk zu üben. Herr Niang ist Konservator im dritten Lehrjahr. Deshalb kam er vor neun Monaten nach Bremen. Arbeitete tagsüber im Überseemuseum, lernte die Kunst, metallene Kultgefäße vom Rostfraß der Zeit zu befreien. Wohnte in einem Einfamilienhäuschen in Pusdorf. Als wir unser Gespräch führen über seine Zeit in Bremen, sitzt er bereits auf gepackten Koffern. Über zwei Jahre sind sie unterwegs: So lange hat Niang seine Familie in Dakar nicht mehr gesehen.

„Inzwischen werden sie das neue Magazin fertig haben“, überlegt Niang. An das völkerkundliche Museum in Dakar denkt er mit gemischten Gefühlen. Dort fing zwar alles an, dort interessierte er sich erstmals für seinen Beruf. Aber für die Pflege und Präsentation der rund 20.000 Masken, Schilde, Figuren und Bilder sind gerade mal elf Mitarbeiter da. Die wenigsten haben eine fachliche Ausbildung.

Das soll sich mit Niang ändern. Auf Vermittlung des hauseigenen Konservators begab er sich auf Ausbildungsreise. Rom, Florenz, dann verschiedene Institute in Deutschland. Organisiert und bezahlt wird alles von einer Organisation mit dem Kürzel ICCROM, die sich der weltweiten Pflege der Kunstschätze widmet. Alles scheint perfekt durchgeplant.

„Das Bremer Überseemuseum ist in Afrika sehr bekannt“, sagt Niang, als sei das für ihn selbst immer wieder eine Überraschung. Der Ruf der Bremer in Konservatorenkreisen gründet weniger auf die gute Ausrüstung als auf die Gastfreundlichkeit des Museums. Viele Kollegen von Niang machen hier im Lauf ihrer Ausbildung Station.

Die Ausstattung findet Niang zwar nicht so besonders. Auch hier nur zwei Mitarbeiter, plus Praktikanten. Und die technischen Gerätschaften, na, da hat er z.B. im Stuttgarter Museum wirklich was besseres kennengelernt. Aber die

Natürlich verfügt das Museum in Dakar nicht über die geraubten Schätze anderer Kulturen. Und wenn Niang und seine Kollegen heute auf Forschungsreisen gehen, dann überschreiten sie selten die Landesgrenzen.

Bremer Kollegen - „Karlheinz Bösch war wie ein Vater für mich, er hat mich manchmal das Heimweh vergessen lassen.“

In Dakar ist Macodou Niang aufgewachsen. Hier lebt seine Familie: Mutter, Tante, Ehefrau, zwei Kinder. Der Lohn eines Konservators ist nicht berauschend. Aber es ernährt die Familie. Niang brach sein Journalistikstudium ab, weil die Berufschancen zu unsicher waren.

Sein Sprachtalent brachte ihn ans Museum - zunächst als Fremdenführer, dann lernte er die konservatorische Abteilung kennen. Dort zu arbeiten, sei zwar nicht sein Herzenswunsch. Aber es sichere die Existenz. Und das sei eine Chance, die man sich im Senegal nicht entgehen lassen dürfe.

Die Unterschiede zwischen den Museen in Westafrika und Deutschland, das hat Niang schnell festgestellt, liegen nicht nur in der personellen und technischen Ausstattung. „Hier sagt man meistens 'Restaurator', bei uns heißt es aber 'Konservator' - das bedeutet etwas anderes.“ Denn natürlich verfügt das Museum in Dakar nicht über die geraubten und geborgten Kunstschätze ferner Kulturen. Sondern widmet sich der Erhaltung, der Konservierung der eigenen.

In der Dauerausstellung finden sich vor allem Objekte aus Angola, Zaire, Senegal, wenige auch aus Südamerika. Wenn Niang und seine Kollegen auf Forschungsreisen gehen, dann überschreiten sie selten die Landesgrenzen. Für spektakuläre Ankäufe ist kein Geld da.

Und um die vorhandenen Schätze zu bewahren, ist vor allem die Improvisationskunst der Konservatoren gefragt. „Die Techniken sind ganz ähnlich wie an europäischen Museen“, sagt Niang, „aber das Material...“ Auf eine Lieferung Aceton kann er schon mal ein paar Monate warten. Solange setzen die Insekten und das schwüle Klima den Kunststücken unablässig zu.

Palmöl muß reichen, um das Holz zu konservieren. Für die Aufbewahrung von Textilien hat Niang eine eigene Methode erfunden: Er rollt sie in getrocknete Akazienblätter und verstaut sie im Halbdunkel. „Aber ich habe keine Möglichkeit, die Luftfeuchtigkeit zu kontrollieren.“ Und die liegt in der Küstenstadt Dakar bei rund 90 Prozent.

Aber solche Provisorien ist Niang gewohnt. Wenn nur das Leben aus dem Koffer bald ein Ende hat. Noch ein paar Monate, dann packt er endgültig für die Heimreise. Im Februar tritt er seine Stelle in Dakar an, als Konservator der heimischen Kultur. „Es gibt vele Objekte, die dort auf mich warten.“ tom

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