: Zurück in die Zukunft mit Voscheraus Onkel
■ SPD holt im Wahlkampf-Endspurt Helmut-Schmidt-Poster aus dem Archiv
Mit Helmut Schmidt als Wahlhelfer zieht Hamburgs SPD in die letzten zehn Wahlkampftage. Das Konterfei des Alt-Bundeskanzlers, abgedruckt auf großen und kleinen Plakaten sowie in einer Anzeigenserie, soll den Sozialdemokraten vor allem die Stimmen jener WählerInnen sichern, die zwischen Nichtwählen und Vielleicht-doch-mal-Republikaner schwanken.
„Sorgen Sie dafür, daß unsere Stadt in guten Händen bleibt. Geben Sie ihre Stimme Bürgermeister Voscherau,“ empfiehlt der frühere Hamburger Innensenator seinen politischen „Neffen“ Voscherau. Der Senatschef erklärte gestern dann auch nicht nur, daß er sehr stolz über die prominente Wahlhilfe sei, sondern auch, warum die SPD den Polit-Ruheständler noch mal aus der Langenhorner Einfamilienhaus-Idylle gezerrt hat: Den „wühlenden Rechtsextremisten“, die von der Angst der kleinen Leute zu profitieren versuchten, könne man nur mit Argumenten und Autorität begegnen. Und die größte Autorität, so hat Voscherau Volkes Stimmung taxiert, sei nun mal Helmut Schmidt.
Eine Rechnung, die aufgehen kann? 25 Prozent der HamburgerInnen haben sich laut Infas-Umfrage noch nicht für eine Partei entschieden. 17 Prozent wollen ihre Wahl nicht preisgeben. Eine Aussage, hinter der führende Sozialdemokraten eine Tendenz zur Wahl rechtsextremistischer Parteien vermuten. Diese WählerInnen soll Schmidts Empfehlung für die SPD zurückgewinnen.
Die Frage, ob die Reaktivierung nicht ein Armutsbekenntnis für die amtierende SPD-Spitze sei, wies Parteichef Helmuth Frahm gestern strikt zurück: Schmidts Engagement sei eine „Ehre und kein Armutszeugniß“. Und Voscherau beeilte sich, darauf hinzuweisen, daß er sich durch den Abdruck des Schmidt-Konterfeis keinesfalls in seiner Eitelkeit gekränkt fühle.
Alleingelassen fühlt sich der Senatschef dagegen sehr wohl. Und zwar von den anderen Parteien im Kampf gegen die rechtsextremistischen Parteien. CDU-, FDP- und GAL-Wahlkämpfer ließen sich in den sogenannten sozialen Brennpunkten erst gar nicht blicken.
uex
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