■ Zur Einkehr: Im „Filz“
Alles wird gut. Für alle, die angesichts liebloser, fader Salate zu Fleischfetischisten geworden sind. Für alle, die immer die unfreundlichste und unfähigste aller Bedienungen erwischen. Und für all diejenigen, die im Lokal grundsätzlich beim Gang auf die Toilette mit gesenktem Blick an der geöffneten Küchentür vorbeihuschen, da sie lieber nicht sehen möchten, unter welchen Umständen das gerade verspeiste Gericht zubereitet wurde. Für alle diese unglückseligen Menschen gibt es das Filz: Jenes kleine gemütliche Eck-Lokal inmitten des Straßengewirrs in der östlichen Vorstadt, das in langer Tradition – seit 1894 nämlich – seine Gäste bewirtet. Dort versammeln sich täglich ab 17 Uhr einsame Stammgäste, Freunde fürs Leben, Kollegen im Feierabendrausch, abgeklärte Pärchen sowie der komische Kauz aus der Nachbarschaft zum „Trinken und Essen“.
Auch wenn die meisten eigentlich nur zum Trinken hierher kommen: Spätestens, wenn der Koch seinen Gasherd hinter dem Tresen anzündet, so allerlei Köstlichkeiten in der Pfanne schwenkt und dann auch noch in Blickweite anrichtet, spätestens dann kann es sein, daß der Magen urplötzlich zu knurren beginnt und mit glänzenden Augen die Speisekarte aufgeschlagen wird.
Wir ergatterten an diesem Abend einen Thekenplatz und begannen mit Mineralwasser (und endeten übrigens mit reichlich Wein, aber das ist eine andere Geschichte). Bald darauf bestellten wir den „Salat mit Geflügelleber und Karotten-Apfel-Salat“ (15,50 Mark) sowie die Geflügelleberterrine mit Zwiebelconfit und kleinem Salat (16,50 Mark). Mal abgesehen davon, daß die Teller etwas ungeschickt über die mit Zetteln und Büchern vollgestopfte Theke gereicht wurden: Was uns da serviert wurde, war alles andere als eine Enttäuschung. Der Salat war knackig und frisch, das Balsamico-Dressing würzig. Eine großzügige Menge Geflügelleber, außen herrlich knusprig und innen schön zart, thronte obenauf. Nur der Karotten-Apfel-Salat war für unseren Geschmack zu durchgeweicht. Dagegen überzeugte die Geflügelleberterrine durch und durch. Besonders das Zwiebelconfit, eine „Konfitüre“ aus Zwiebeln und Grenadine, sorgte für ungeahnte Gaumenfreuden. Und obwohl unser Koch (trotz drohender Werder-Niederlage) besonders gut gelaunt war, ist es uns leider weder gelungen, ihm das Rezept zu entlocken noch ein Glas dieser Köstlichkeit aus seiner Mini-Küche zu stehlen. Und dann, wie gesagt, wurde der Wein serviert! Fazit: Alles is(s)t gut! Petra Wargalla
Filz, Horner Straße 90, täglich von 17 bis 1 Uhr
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