piwik no script img

„Zum Wohle des Vereins“

■ Heute vormittag trifft sich das Präsidium des FC St. Pauli zu einer weiteren Krisensitzung. Anschließend erfolgt die Beurlaubung von Trainer Uli Maslo

Die vermutlich letzte Dienstreise von Uli Maslo als Trainer des FC St. Pauli wurde gestrichen. Eigentlich wollte sich der 58jährige am gestrigen Abend beim Bundesliga-Spitzenspiel Stuttgart gegen Leverkusen die nächsten Auswärtsgeg-ner angucken. Doch daraus wurde nichts. FC-Präsident Heinz Weisener pfiff den Coach zurück. Papa Heinz bestand darauf, daß Maslo nach dem Spiel in Freiburg direkt mit nach Hamburg zurückkehrte.

Heute vormittag wird sich das Präsidium des nach eigener Einschätzung „etwas anderen Bundesliga-Vereins“zu einer weiteren Krisensitzung treffen, um die gestern mangels Alternativen vertagte Beurlaubung Maslos endgültig zu beschließen. „Es müssen entscheidende Veränderungen stattfinden“, hatte Weisener gestern im Deutschen Sportfernsehen (DSF) erklärt. „Ich habe die Mannschaft noch nie in einem derart schlechten Zustand gesehen, dafür ist der Trainer verantwortlich.“So werde die Mannschaft „zweifelsfrei“den Klassenerhalt verfehlen. Deshalb müßten Konsequenzen gezogen werden – „zum Wohle des Vereins“.

Der älteste Bundesligatrainer, seit Juli 1994 beim FC tätig, versuchte seine drohende Entlassung tapfer zu ertragen. „Ich bin Profi und muß damit rechnen“, meinte Maslo, dessen Vertrag Weisener erst im Januar um ein Jahr verlängert hatte. Das eigene Schicksal interessiere ihn nicht, sagte Maslo: „Nur Mannschaft und Fans sind wichtig.“Er könne kein Versagen erkennen: „Kennen Sie einen Trainer, der mit St. Pauli die Klasse halten kann?“

Die Spieler, die vom Präsidium in die Diskussion um das weitere Vorgehen miteinbezogen wurden, zeigten sich von der jüngsten Entwicklung nicht sehr betroffen. „Es steht mir nicht zu, traurig zu sein, wenn jemand seinen Arbeitsplatz verliert“, erklärte Mannschaftskapitän Carsten Pröpper, der in der Vergangenheit häufiger mit dem Trainer aneinandergeraten war.

Als Maslos Nachfolger werden die üblichen Verdächtigten gehandelt: neben arbeitslosen Fußballlehrern wie Bernd Krauss auch FC-Urgesteine wie Joachim Phillipkowski oder Jens Duwe. Manager Helmut Schulte stehe hingegen nicht zur Verfügung – nicht einmal als Interimslösung für die letzten sechs Saisonspiele. „Das ist völlig abwegig“, schloß Vizepräsident Christian Hinzpeter ein Comeback Schultes aus, der von November 1987 bis Februar 1991 schon einmal Coach am Millerntor gewesen war. Clemens Gerlach/dpa

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen