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Zum Urologen? Nie!

■ Die Angst der Männer vor den Krebsfrüherkennungs-Untersuchungen

Jogging und Hanteltraining, Mineralstofftabletten und Iso-Drinks, – der Mann von heute lebt gesund, möchte man meinen. Doch um wirklich lebenserhaltende Maßnahmen drücken sich die meisten Männer herum – zum Beispiel um die Krebsfrüherkennung.

Waren es Ende der 70er Jahre noch 18 Prozent der Männer, so finden heute gerade mal 12 Prozent den Weg in die Arztpraxis. Zugegebenermaßen nahm jedoch auch der Frauenanteil von 35 auf 30 Prozent ab. Jedoch waren sie schon seit Beginn der Untersuchungen stets diejenigen, die sich am ehesten einer präventiven Untersuchung unterzogen. Deshalb appelliert der Bremer Landesverband der Deutschen Krebsgesellschaft in diesem Jahr besonders an die Männer.

„Am meisten erstaunt mich die Diskrepanz zwischen der Absichtserklärung, zur Früherkennung zu gehen und die geichzeitige Nicht-in-Anspruchnahme des Angebots“, wundert sich Marie Rösler, Geschäftsführerin der Bremer Krebsgesellschaft. In der Tat befürworten 70 Prozent der Frauen und 56 Prozent der Männer den Gang zur Krebs-Frühekrennung, doch nur ein kleiner Teil setzt sein Vorhaben dann auch in die Tat um. Obwohl die Krankenkassen die Kosten fürdie „Vorsorge“ genannten Früherkennungsuntersuchungen übernehmen.

Besonders bei den typisch männlichen Krebsleiden wie Haut-, Enddarm- oder Prostatakrebs bestehen bei rechtzeitiger Diagnose oft gute Heilungschancen, sagt Ulrich Bonk, Leiter des Pathologischen Instituts am ZKH Bremen Nord und bei der Bremer Krebsgesellschaft zuständig für Früherkennung. „Aber wenn das Wort 'Krebs' fällt, kommen vielen doch gleich Assoziationen von Tod und Sterben“, meint Bonk.

Männer seien, so der Arzt, oft noch nie urologisch untersucht worden und hätten dann entsprechende Ängste davor. Dabei dauerten die Untersuchungen meist nur ein paar Minuten. Der Arzt betrachtet die Haut, untersucht die äußeren Geschlechtsorgane, den Mastdarm und die Prostata durch Abtasten. „Das ist zwar unangenehm, tut aber nicht weh“, sagt Bonk.

Doch es sind wohl die den Männern eingeimpften Ängste vor Schwäche und Krankheit allgemein, die sie den Gedanken an eine mögliche Krebserkrankung und damit auch an eine früherkennende Untersuchung verdrängen ließen, vermutet der Präventions-Spezialist Bonk. Was Prostataerkrankungen betreffe, so hätten viele Männer Panik vor einer Impotenz, die nach einer Operation tatsächlich oft die Folge ist. Dennoch sind Bonk die Beweggründe der Männer unverständlich: „Es geht doch um Leben und Tod“.

Nun nimmt die Deutsche Krebsgesellschaft einen neuen Anlauf, um an die Männer ranzukommen: Man nimmt den Weg über die Frauen. Schließlich wird denen in diesem Zusammenhang ohnehin größere Offenheit nachgesagt wird. In den Wartezimmern der FrauenärztInnen sollen demnächst Broschüren der Krebsgesellschaft ausgelegt werden, durch die sie ihre Partner zum jährlichen Check-Up anregen sollen. Darauf hoffen jedenfalls die Präventionsstrategen.

„Es ist doch ein Unding, daß es in einem zivilisierten Land wie Deutschland immer noch fortgeschrittende Dickdarmgeschwüre gibt“, meint Bonk, „bei regelmäßier Untersuchung kann man diese schon im Frühstadium erkennen und beseitigen. In Israel zum Beispiel wäre das undenkbar, da ist eine Darmspiegelung etwas völlig Alltägliches“. rem

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