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■ Mit Lücken wird das Gatt-Abkommen gerettetZum Erfolg verdammt

Am Ende hatten alle das Gezackere satt. Seit gut zwei Jahren wird die achte Welthandelsrunde durch die Halsstarrigkeit ausgerechnet derjenigen blockiert, die sich in vollmundigen Erklärungen immer wieder für einer Liberalisierung des Welthandels stark machten. Spät, aber nicht zu spät haben nun die Handelskrieger Europas und der USA eingesehen, daß sie mit dem Rest der Welt nicht ewig so umspringen können. Doch statt sich endlich auf einen einvernehmlichen Abbau ihrer nichttarifären Handelsrestriktionen zu verständigen, haben die Hauptsünder das gemacht, was in derart verfahrenen Situationen stets das Einfachste und Billigste ist: die heiklen Punkte ausgeklammert und vertagt. Ob Finanzdienstleistungen, Filmgeschäft, Flugzeugbau oder Seefracht – der transatlantische kalte Krieg mit heißen Gütern schwelt damit unvermindert weiter.

Die Freihändler müssen wieder einmal die bittere Erfahrung machen, daß Besitzstände eben über alles gehen und Geschenke in Genf niemandem gemacht werden. Da fällt es auch schwer, die Euphorie jener Auguren zu teilen, die angesichts solcher Scheinlösungen allen Ernstes behaupten, bei der Gatt-Runde habe nun die Vernunft gesiegt. Dabei sind es nicht einmal so sehr die staatlichen Vergünstigungen, sondern die unüberbrückbaren Gegensätze, die bereits die nächste Runde kleinlicher Gehässigkeiten nahelegen: Während die Europäer ihre Handelspolitik angesichts der Rezession zum Krisenmanagement nutzen möchten, wollen die Amerikaner direkt in ihre unausgeglichenen Handelsbilanzen eingreifen und strategisch ausgewählten Unternehmen Vorteile auf dem Weltmarkt verschaffen. Auch ist nicht anzunehmen, daß die übrigen Gatt-Mitgliedsländer das transatlantische Diktat ohne Widerspruch akzeptieren werden.

Einen positiven Effekt hat das Abkommen dennoch: Durch einen Gatt-Abschluß, mag er noch so viele Löcher haben, wird die seit den 70er Jahren angeschlagene Welthandelsordnung revitalisiert. Wäre das Gatt danebengegangen, die Weltwirtschaft hätte sich endgültig in regionale Handelsblöcke aufgesplittet und die weniger Glücklichen durch Schutzzäune aller Art weiter ausgegrenzt. Insofern ist die Einigung ein Sieg gegen nationalstaatliche Egoismen. Schon aus rein politischen Gründen ist die Uruguay-Runde zum Erfolg verurteilt. Erstens sind sich fast alle Ökonomen darüber einig, daß Protektionismus gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten mehr als kontraproduktiv ist und die Strukturprobleme einzelner Volkswirtschaften nicht löst, sondern bestenfalls hinauszögert. Zweitens: In den letzten Jahren haben viele Entwicklungsländer und Reformstaaten Osteuropas, nicht zuletzt unter dem Druck von Weltbank und Internationalem Währungsfonds, eine Liberalisierung nach innen wie außen eingeleitet. Doch in jenen Bereichen, in denen sie komparative Vorteile wie etwa bei Textilien, Stahl oder Agrarprodukten besitzen, stoßen sie bislang auf abgeschottete Märkte der reichen Industriestaaten. Diese weiter zu öffnen muß ein Anliegen aller um Stabilität bemühten Handelspolitiker sein. Und drittens: Das Herausbilden regionaler Handelsblöcke, das ohne Gatt zweifellos weiter eskalieren würde, macht alle zu Verlierern, denn mit handelspolitischem Faustrecht setzt sich nur der Stärkere durch und leistet unkalkulierbaren Wohlstandsverlusten Vorschub. Erwin Single

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