Kommentar: Zukunft Europa
■ Der Erfolg des Euros drängt Angstmacher und Bedenkenträger ins Abseits
Der Euro ist in! Tausende feierten in Frankfurt, dem Sitz der Europäischen Zentralbank, an Silvester seine Ankunft, und jetzt, beim Berliner Presseball, drehte sich ebenfalls alles um die neue Währung. Ein Tanz ums goldene Kalb? Mitnichten. 49 Prozent der Bundesbürger erwarten vom Euro eine positive Wirkung auf die deutsche Wirtschaft. Doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren. Der Euro ist zum Hoffnungsträger avanciert. Die Bedenkenträger und vor allem die populistischen Angstmacher stehen im Abseits.
Die Deutschen haben den Abschied vom Fetisch D-Mark nüchterner vollzogen, als die Stammtischauguren wahrhaben wollten. Gesiegt hat eine Politik, die das historisch Notwendige mit Beharrlichkeit verfolgt hat. Die Zukunft liegt in Europa und nicht in den Ängsten und Obsessionen der Vergangenheit. Das Projekt Währungsunion hat in elf Euroländern Stabilitätsanstrengungen mobilisiert, die noch vor wenigen Jahren kaum für möglich gehalten wurden.
Überrascht von der Popularität des Euro wollen Politiker und Ökonomen die Einführung des Euro-Bargeldes vorziehen – beispielsweise auf das symbolträchtige Jahr 2000 anstatt wie geplant im Januar 2002. Warum nicht? Doch sollte man sich keinesfalls in neuerliche Verhandlungen und Abstimmungen verstricken. Wichtiger ist es, das Momentum des Beispiels Euro zu nutzen und sich im gleichen zukunftsgewandten Geist an die nächsten großen europäischen Aufgaben zu machen: an die Erweiterung der EU und an ihre Reform, die eine Bedingung der Erweiterung ist.
Im Hinblick auf die Finanzen der EU sollte die rückwärtsgewandte Nettozahlerdiskussion beendet werden. Sie nährt nur alte Vorurteile, der Zahlmeister Deutschland sei umgeben von Trittbrettfahrern, die ihm das Geld aus der Tasche ziehen wollten. Eine solche Diskussion verdunkelt nur die Tatsache, daß Deutschland als Exportland einer der Hauptnutznießer des gemeinsamen europäischen Marktes ist. Ins Zentrum rücken muß die nüchterne und zukunftsorientierte Reform der Agrar- und Strukturpolitik der EU. Sie ist eine elementare Voraussetzung der Erweiterung der EU. Europa braucht keinen Populismus, sondern eine Reformpolitik mit Leidenschaft und Augenmaß. Frank Herterich
Bericht Seite 8
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