Zugangsregeln in Berliner Freibädern: Baden ist nicht ganz einfach
Wer in diesem Sommer in Berlins Freibädern baden will, muss den Ausweis vorzeigen und sein Ticket online kaufen. Eine Initiative stellt sich dagegen.
Drei Männer in Security-Kleidung stehen am Dienstagmittag am Einlass und versuchen den Wartenden Orientierung zu geben: „Onlinetickets hier entlang“, rufen sie oder: „Ausweise bereithalten!“ Etwas abseits haben einige den Blick konzentriert auf ihren Handybildschirm gerichtet. Sie klicken sich durch den Online-Shop der Berliner Bäder-Betriebe (BBB), ungefähr drei Minuten dauert der Bezahlvorgang für Geübte. Als Bezahlmittel werden nur Kreditkarten oder PayPal akzeptiert.
Manche der Wartenden sind sichtlich genervt, müssen von einer Schlange in die andere wechseln. Doch das System funktioniert einigermaßen: Kaum jemand muss länger als fünf Minuten anstehen.
Im vergangenen Sommer waren nach verschiedenen Gewaltvorfällen die Sicherheitsmaßnahmen in allen Berliner Sommerbädern verschärft worden. Seitdem gilt, dass man beim Betreten einen Lichtbildausweis vorlegen muss. In vier Sommerbädern, darunter Columbia- und Prinzenbad, gibt es zudem Videokameras.
Zutritt nur mit Online-Tickets
Seit diesem Sommer haben außerdem die Kassen in den Sommerbädern Am Insulaner, Humboldthain, Kreuzberg, Neukölln und Pankow ab 10 Uhr geschlossen. Alle „normalen“ Besucher*innen, die später schwimmen gehen wollen, brauchen ein Onlineticket. Die Maßnahme soll verhindern, dass sich an Hitzetagen vor den Bädern lange Schlangen bilden, in denen sich Wartende schon ärgern, bevor sie das Schwimmbad überhaupt betreten.
Während die BBB im Juli eine positive Zwischenbilanz der neuen Maßnahmen zogen, bildet sich an anderer Stelle Widerstand. Die Initiative „Freibad einfach für alle“ fordert ein Ende der Maßnahmen und kritisiert, dass in Berlin zunehmend niedrigschwellige Freizeitangebote abgebaut würden. „Der Besuch im Freibad muss einfach und unkompliziert für alle bleiben“ fordern die Initiator*innen in einer Onlinepetition gegen die Regeln der BBB. Rund 1.300 Unterstützer*innen haben bislang unterschrieben.
Die neuen Regeln seien unzumutbar, heißt es von den Initiator*innen. Vor allem Kinder, Jugendliche, ältere und arme Berliner*innen würden benachteiligt, denn ohne Kreditkarte oder Paypal-Konto, ohne Smartphone seien sie vom Schwimmbadbesuch ausgeschlossen. Menschen ohne EU-Pass müssten zudem wichtige Dokumente wie ihre Aufenthaltsgenehmigung mit ins Schwimmbad nehmen.
Ob die Berliner Bäder-Betriebe die Sicherheitsmaßnahmen im kommenden Jahr verändern werden, ist offen. Eine Sprecherin sagte der taz am Dienstag, dass die Auswertung der Besucherzahlen sowie der Maßnahmen und Erfahrungen nach Ende der Sommersaison erfolgen würde. Erst dann würden gegebenenfalls auch Anpassungen geprüft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern