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Zuerst ausloten, was umsetzbar ist

■ Anke Fuchs, Bundesgeschäftsführerin der SPD, zur Blümschen Kostendämpfung

taz: Die SPD hat in Sachen Strukturreform im Gesundheitswesen Signale in Richtung Große Koalition ausgesendet. Wo sehen Sie Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit? Anke Fuchs: Viele wichtige Ansätze einer Strukturreform scheitern heute an der FDP. Deswegen zeigen wir immer wieder, daß gemeinsame Lösungen mit uns möglich sind. Aber der Zug ist jetzt abgefahren. Unser Angebot, sehr schnell in der Bundestags–Enquetekommission zur Strukturreform in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu Ergebnissen zu kommen, damit wir - davon ausgehend - eine wirkliche Strukturreform im Gesundheitswesen anschieben können, ist von Blüm ausgeschlagen worden. Blüm macht statt dessen ein reines Kostendämpfungsgesetz, das zudem noch einseitig die Versicherten belastet. Eigentlich müßten Sie doch Herrn Blüm loben, wenn er reine Kostendämpfung betreibt: Damit tut er ja nichts anderes, als eine von der SPD 1977 begonnene Politik fortzusetzen. Wir haben damals Kostendämpfungsgesetze gemacht - aber das reicht nicht aus. Jetzt müssen wir an die Strukturen ran. Deswegen ist es richtig, die Arbeitsergebnisse der Enquetekommission abzuwarten und dann grundsätzlich etwas zu ändern. Auf die Enquetekommission zu verweisen, finde ich etwas billig. Es gibt doch auch ohne deren Arbeit gute Lösungen und Strukturvorschläge zuhauf. Es gibt aber auf diesem Sektor ein solches Interessengestrüpp, daß wir es für sinnvoll halten, in einer Enquetekommission auszuloten, was umsetzbar ist. Wenn Sie selbst auf die enorme Macht der Anbieter verweisen, zeigt das doch, daß es heute nicht an guten Vorschlägen, sondern an Mehrheiten mangelt, um diese umzusetzen. Was ist denn für die SPD die Motivation, heute aus der Opposition heraus die Strukturreform anzustoßen, die sie auf der Regierungsbank nicht geplant hat? So ist das nicht richtig. Wir haben immer ein Gesamtkonzept gehabt. Kostendämpfungspolitik war für uns nie ein Idealzustand - aber sie hat mehrere Jahre lang wenigstens die Beiträge stabil halten können. Diese Reformen sind jetzt weiterzuentwickeln - das ist in der Demokratie so, daß sich das Stück für Stück entwickeln muß. Wir haben damals einen Anfang gemacht. In der Enquetekommission sitzt als SPD– Experte Rolf Rosenbrock, von den Grünen wurde Hartmut Reiners benannt. Beide vertreten die Position, daß das zersplitterte System der Gesetzlichen Krankenversicherung durch eine Art regionalisierte Einheitsversicherung abgelöst werden sollte. Sie wollen dem Präventionsgedanken einen viel größeren Stellenwert geben und die Kostenverschiebung von Staat und Rentenversicherung zur Krankenversicherung beenden. Gibt es da eine Basis für rot–grüne Lösungsmodelle? Für mich sind Sachveständige dazu da, ihre Meinung zu sagen - die politischen Konsequenzen ziehen wir dann selbst. Das beantwortet aber die Frage nach eventuellen rot–grünen Gemeinsamkeiten nicht ... Also, Experten tragen alle wichtige Gedanken bei, und da interessiert mich die Frage, aus welcher Partei sie kommen, nicht so sehr. Wir hören uns das an und entwickeln dann eine Position ... .. die auch einen Abschied von der zersplitterten Krankenversicherungslandschaft und den Ortskrankenkassen in dieser Form beinhalten könnte? Das sicher nicht. Wir plädieren für die Aufhebung der Versicherungspflichtgrenzen, und alle sollen wählen können, in welche Gesetzliche Krankenversicherung sie wollen. Den negativen Folgen der Öffnung müßte mal vorgebeugt werden. Und warum dann nicht gleich eine Einheitsversicherung? Weil die nicht durchsetzbar ist, auch nicht in der eigenen Partei. Ihr Lösungsvorschlag kann aber gefährliche Folgen haben, beispielsweise, daß sich in manchen Kassen sogenannte „schlechte Risiken“ sammeln und daß daraus eine sehr ungleiche Belastung der Versicherungen folgt. Wenn ich die Kraft habe durchzusetzen, daß Arbeiter und Angestellte ihre Versicherung frei wählen können, werden auch die Risiken besser verteilt sein.

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