Zu wenig ErzieherInnen für die Kleinsten: Nichts für Babys

Weil immer jüngere Kinder in die Krippen kommen, fordern die Kita-Verbände mehr Personal. Bis es so weit ist, llehnen manche Krippen unter Einjährige lieber ganz ab.

Betreuungsintensiv: Kleinkinder. Bild: Kaija Kutter

HAMBURG taz | Die Park-Kita Altrahlstedt, in einem idyllischen Grünzug im Osten der Stadt gelegen, eröffnet dieser Tage ihre zweite Krippe für Kinder bis drei Jahre. "Die Nachfrage der Eltern ist groß", berichtet Leiterin Annette Krogh. Seit es das Elterngeld gebe, wollten viele Mütter schnell wieder in den Beruf.

Krogh macht jedoch eine Einschränkung: Babys unter einem Jahr nimmt die Kita nicht. "Dafür ist der Personalschlüssel zu mies", sagt sie. Mit einem Jahr seien Kinder aktiver und selbständiger, könnten schon selbst essen und seien nicht mehr ganz so pflegeintensiv wie in ihren ersten Monaten.

Nur zwei Fachkräfte für 12 oder 13 Krippenkinder sehen die Standards vor, die Kita-Verbände und Stadt 2004 vereinbart haben. Fällt mal eine Kraft aus, steht eine Erzieherin allein da. Krogh sorgt in diesen Fällen dafür, dass eine Kollegin aus der Gruppe mit älteren Kindern einspringt. Man könne auf gar keinen Fall allein in einer Krippe arbeiten, sagt sie. Ihr seien Kitas bekannt, in denen dies vorkomme. Seien die Sanitäranlagen dann in einem abgetrennten Nebenraum, müssten alle Kinder mit zum Wickeln - allein der Aufsicht wegen.

Die Krippenstandards sind ein Punkt, über den die Kita-Verbände mit dem neuen Sozialsenator Detlef Scheele sprechen wollen. Der Personalschlüssel sei vor acht Jahren "unter ganz anderen Ausgangsbedingungen ermittelt worden", sagt Kita-Referent Martin Peters vom Paritätischen Wohlfahrtsverband.

"Heute kommen in Hamburg viele Kinder viel jünger in die Krippe, oft mit dem Ende der Elternzeit", so Peters. Diese "Trage- und Wickelkinder" verlangten zu Recht eine hohe Aufmerksamkeit und Nähe.

"Als ich 1998 anfing, kamen die Kinder mit anderthalb. Das hat sich definitiv nach vorn verlagert", sagt Marion Nathe MBaye, Leiterin der Krippe Pfützenracker in Winterhude. Etwa seit 2005 kämen die Kinder mit zwölf Monaten, seit es die zwei Vätermonate gibt teilweise mit 14. Beim pflegerischen Aufwand machten diese vier bis sechs Monate Unterschied viel aus.

"Krippe ist unser Sorgenkind. Die Kinder kommen immer früher", bestätigt auch Uta Lewandowski, Kita-Fachreferentin der Diakonie. Manche Eltern stünden ökonomisch unter Druck, andere wünschten für ihre Kinder möglichst früh Kontakt zu Gleichaltrigen.

"Ich kann mir nicht vorstellen, wie man einem Baby bei zwölf Kindern in der Gruppe gerecht wird", sagt Beatrice Peter von der Pestalozzi-Stiftung. In ihren Krippen liegt die Altersgrenze darum wie bei der Krippe Pfützenracker bei acht Monaten. Es seien vor allem Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen, die Kinder früh bringen würden. "Eltern, die das für sich gestalten können, tun das eher später".

Die Sozialbehörde will den Trend zu jüngeren Krippenkindern nicht bestätigen und verweist auf die von 2006 bis 2010 geführte Kita-Statistik. Der Anteil der Babys ist demnach sogar leicht gesunken. Allerdings hat sich der Anteil der Einjährigen, die eine Kita besuchen, von März 2006 bis März 2010 um über 50 Prozent erhöht, die der Zweijährigen aber nur um ein Drittel. Außerdem sagt die Statistik nichts über die Zeit vor 2004 aus, als der Krippenanspruch für Berufstätige eingeführt wurde.

Bürgermeister Olaf Scholz hat neben der Senkung der Kita-Gebühren bessere Qualität versprochen, bislang aber nur für Kitas in Brennpunkten. Doch bei den Krippen müsse stadtweit etwas passieren, sagt Martin Peters vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Er fordert einen Erzieher für drei Kleinkinder. "Sie brauchen mindestens drei Fachkräfte pro Gruppe", sagt auch Beatrice Peter von der Pestalozzi-Stiftung. Allein um die Krankheitsfälle aufzufangen: "Wo kleine Kinder sind, schwirren ständig Bakterien rum".

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