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■ Mit dem EU-Betrug auf du und duZu viele Regeln

Brüssel (taz) – Der EU-Haushalt für dieses Jahr beläuft sich auf rund 150 Milliarden Mark. Fast 90 Prozent davon sind für Subventionen vorgesehen. Das macht große und kleine Betrüger erfinderisch, zumal sie bislang nicht mit intensiver Verfolgung rechnen müssen.

„Betrügereien mit Zucker, Milchpulver und Rindfleisch sind mittlerweile profitabler und zugleich risikoloser als der Handel mit Heroin“, warnte gestern Klaus Hänsch, Präsident des Europäischen Parlaments, auf einer Anti-Betrugs-Konferenz in Brüssel. Daß die EU hieran nicht ganz unschuldig ist, räumte Hänsch durchaus ein: „Die EU-Vorschriften sind meist so kompliziert, daß sich immer wieder neue Schlupflöcher finden.“ Der Zollkodex der Union ist dicker als das Telefonbuch einer Großstadt. Und auch die EU-Vorschriften zur Betrugsbekämpfung sind mit über dreißig verschiedenen Rechtsakten alles andere als übersichtlich.

Hauptschwachstelle ist jedoch die unterschiedliche Interessenlage von EU und Mitgliedsstaaten, vor allem im Agrarbereich. Während sich die Staaten bei Subventionen für Forschung und strukturschwache Gebiete mit bis zu 50 Prozent beteiligen, zahlt die Gemeinschaft die Beihilfen für die Landwirtschaft allein. Entsprechend gering ist das Kontrollengagement der nationalen Behörden. Und der Agrarhaushalt macht immerhin rund die Hälfte des EU-Budgets aus. Besonders deutlich wird das mangelnde Interesse der Mitgliedsstaaten, wenn es um die Rückforderung von Geldern aus aufgedeckten Betrugsfällen geht. „In vier von fünf Fällen kommt das Geld nicht zurück“, klagt Hänsch.

Doch wenn es um strafrechtliche Verfolgung geht, sind die Mitgliedsstaaten sensibel. Um etwa sicherzustellen, daß Betrügereien zu Lasten der EU überall mit dem gleichen Mindeststrafmaß bedroht werden, mußte erst ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen den 15 EU- Staaten geschlossen werden. „Das war im letzten Sommer. Bisher hat noch kein einziges Land die Ratifizierung eingeleitet“, klagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Altmaier.

Die Brüsseler Konferenz sollte vor allem die nationalen Parlamente auf das Thema aufmerksam machen. „Bisher wird viel zu sehr darauf geschaut, wo die Verluste verbucht werden, ob bei der Union oder den Mitgliedsstaaten“, so Hänsch. Als wichtigste Maßnahmen schlägt er vor, einen europäischen Generalstaatsanwalt zu schaffen, der vor allem Verstöße verfolgt, in die EU-Bedienstete verwickelt sind. Außerdem sollen die 130 Mitarbeiter der Anti-Betrugs-Einheit der Kommission (Uclaf) künftig direkt mit nationalen Staatsanwaltschaften zusammenarbeiten können. Christian Rath

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