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Zu viele Greuel im Namen des Tuches

■ betr.: „Unterricht? Nicht mit dem Kopftuch!“, taz vom 14. 7. 98

Diese Entscheidung des Stuttgarter Oberschulamtes und dessen ausdrückliche Billigung durch die Kultusministerin ist eine dreiste Verkehrung der Tatsachen: Das Beharren auf der persönlichen Entscheidung zum Tragen des Kopftuches auch im Schuldienst deutet man als Zeichen mangelnder Toleranz, also als Verstoß gegen das verbindliche Toleranz-Erziehungsziel, nicht als Zeichen starker Persönlichkeit; und begründet damit die mangelnde Eignung für den Schuldienst. Dabei ist offensichtlich, daß die ablehnende Entscheidung das Gegenteil von Toleranz, also eine deutliche Mißachtung des Grundrechts auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit ist. [...] Theodor Allendorf, Berlin

[...] Es geht nicht darum, ob man ein Kopftuch liebt oder nicht, es geht darum, daß das Kopftuch, der Tschador, für die Unterdrückung und Ausbeutung von Frauen steht. Dieser Punkt ist so gravierend, daß das Tragen des Tuches erst dann belanglos und eine individuelle Entscheidung ist, wenn diese Schmach der Unterdrückung von der Menschheit überwunden ist. Zur Zeit geschieht im Namen des Tuches noch so viel Greuel, etwas, was der Menschheit absolut unwürdig ist, daß ich um der schwesterlichen und brüderlichen Liebe gerade den betroffenen Frauen in Afghanistan gegenüber nicht verstehen kann, auf das Tragen des Tuches nicht verzichten zu wollen. Kinder zu unterrichten heißt, Kinder in die Welt hinaus zu begleiten, sich aktiv in weltlichen Belangen zu bewegen, Kindern das Wissen zu vermitteln, das menschliche Gehirne im Laufe der Jahrtausende haben erarbeiten können.

Die innere religiöse Einkehr bedarf eher der Ruhe, Meditation und Zurückhaltung. Das Sein bestimmt das Bewußtsein, und niemand hat das Recht, das Sein des anderen in unterdrückender Form zu bestimmen. Das Tuch ist dafür leider mißbraucht worden. Name und Anschrift sind der Red. bekannt.

[...] Ist es vielleicht dieser Sommerhitze und des übereifrigen Bekenntnisses der badenwürttembergischen Grünen zur westlich- christlichen Demokratie zuzuschreiben, daß solche Formulierungen in die Welt gesetzt werden, die da lauten: „Wer durch das (muslimische) Kopftuch die eigene Überzeugung plakatiert, der konfrontiert nur und tut damit der Demokratie keinen Gefallen!“ [...]

Erinnert sei an Friedrich den Großen, wahrlich kein Demokrat, aber immerhin ein wenig aufgeklärter von wegen, daß jeder nach seiner Facon selig werden solle. Wo aber liegt das wirkliche Problem? Doch darin, daß in bestimmten islamischen Ländern, von vorherrschenden islamistischen Minderheitsströmungen, die die Staatsmacht innehaben, der Islam pervertiert und politisch mißbraucht wird. Ihnen gegenüber sollten wir die scharfe Waffe der Toleranz entgegensetzen und klar aufzeigen: „Seht her, bei uns wird niemand wegen seiner religiösen Gesinnung diskriminiert!“ Solch eine eindeutige und feste Haltung nimmt die antidemokratische Konfrontation von religiösen und politischen Sektierern gleich welcher Richtung gelassen an und reagiert souverän. Richard Pestemer, Neunkirchen.

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