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Florian Slotawas „Schätze aus zwei Jahrtausenden“ aus dem Museum Abteiberg Mönchengladbach
Nach Abschluss seines Studiums an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg 1996 sorgte Florian Slotawa schnell für Aufsehen, indem er zunächst seinen eigenen, später vorzugsweise fremden Besitz zusammenkramte, verfrachtete und andernorts zu einigermaßen anarchistischen Skulpturen aufschichtete. Der Düsseldorfer Sammler Axel Haubrock besaß anlässlich einer solchen Aktion nicht einmal mehr einen Küchentisch.
So gesehen ist die in unserer Literaturbeilage gezeigte Arbeit keine für Florian Slotawa typische. Zunächst einmal fügte er die Objekte nicht zu einer seiner additiven Installationen zusammen. Im Gegenteil, er gab ihnen, fein säuberlich voneinander getrennt, in seiner Wohnung in Berlin ihren jeweils eigenen, genau ausgesuchten Platz. Zugleich vermisste auch niemand die von ihm zusammengetragenen Gegenstände. Denn die durch Ankauf und Schenkung zusammengekommenen Kunstschätze der Stadt Mönchengladbach sind im Museum Abteiberg magaziniert, da sie nicht in das Konzept des modernen Kunstmuseums passen.
Die Idee von Veit Loers, damals Direktor des Städtischen Museums Abteiberg, zielte vielmehr darauf ab, die Möbel, Keramiken, Gläser, Zinngefäße, Kleinskulpturen, Gemälde und volkskundlichen Objekte dank Slotawa wenigstens für kurze Zeit dem Vergessen zu entreißen. Anders, als Loers erwartet hatte, arrangierte sie der 1972 in Rosenheim geborene Künstler aber nicht zu der regulären Slotawa-Installation, sondern bestand darauf, sie in sein Alltagsleben einzubinden. Also wurden die ausgewählten Objekte verpackt und nach Berlin verschickt, wo sie Slotawa weniger in dekorativer als in inhaltlicher, alchemistischer Absicht mit dem Mobiliar seiner Wohnung verband, und anschließend fotografierte.
Slotawa erreichte das vorgegebene Ziel mühelos. Aus seinem überraschenden, abweichenden Vorgehen resultiert eine herzzerreißende – obwohl nüchtern-unironische – Einrichtungsidylle, in deren Details man sich beim Rundgang durch seine Wohnung, von der Küche mit „Hugo Krings, Interieur, Holländische Malerei“ (Inventarnummer 6481) über das Bad, das Arbeitszimmer mit „Ferdinand Georg Waldmüller, Herrenbildnis, 1856“ bis zum Schlafzimmer und zum Balkon mit dem „Grabkreuz Elisabeth Ingsam, deutsch, 1649“, unweigerlich verliert. Gleichzeitig ist die von ihm geschaffene Situation der „Schätze aus zwei Jahrtausenden“ eine saukomische Parodie auf die Idee des Museums, und es nimmt nicht wunder, dass die Kultur- und Pharmaziegeschichte des Deutschen Apotheken-Museums unter demselben Titel firmiert. Obwohl Slotawas Arbeit aus dem Jahr 2001 nun schon ein älteres, inzwischen wohlbekanntes Werk ist, begeistert es noch immer. Oder immer wieder neu wie derzeit in der Ausstellung der Berlinischen Galerie. Mit der sehenswerten Schau „Neue Heimat – Berlin Contemporary“ nimmt dort Ursula Prinz Abschied von dem Haus, dessen wechselnde Geschicke und dessen – trotz vieler Widrigkeiten – erfolgreiche Wiedergeburt am neuen Standort Jakobstraße sie als Kuratorin über 30 Jahre lang mit geprägt hat. BRIGITTE WERNEBURG
Bis 7. Januar 2008, Berlinische Galerie, Katalog (Kerber Verlag Leipzig) 19,80 €