■ Neu im Kino: Fiorile: Zu lang, zu breit, zu dumm
Neu im Kino: Fiorile
Zu lang, zu breit, zu dumm
Galatea Ranzi und Claudio Bagagli in „Fiorile“
Auf einer langen Autofahrt von Paris in die Toskana unterhält ein Vater seine Kinder mit der Geschichte seiner Familie. So beginnt der neue Film der Gebrüder Taviani, und immer wieder kehrt er zu der netten Familie im modernen Kleinwagen zurück — nur wenn der Papa die abenteuerliche Mär von Gold, Krieg, Fluch und Korruption genauso dröge und umständlich erzählen würde, wie die Regisseure es tun, dann wären die Kinder schon nach den ersten zehn Minuten eingeschlafen.
Ein episches Familienportrait
hierhin bitte das Paar
sollte es werden. Von den napoleonischen Kriegen bis zur Gegenwart begleiten wir die Benedettis, die, weil der Fluch des Goldes sie begleitet, nur noch Maledettis genannt werden. Aber man glaubt den Tavianis kein Bild. Alles ist sehr schön, ordentlich und wohlkonstruiert, aber leblos.
Drei Generationen der Familie kommen jeweils in ganz ähnliche Grundsituationen, und wie ein Uhrwerk läuft immer das gleiche Szenario ab: In einer dramatischen Nacht wird ein Liebespaar verraten — aber kurz bevor beide das Schicksal ereilt, schwängert er sie noch in einigen hochromantischen Einstellungen, denn der Familienfluch muß ja weitervererbt werden.
Ob französischer Revolutionär, armer Bauer oder Student im Widerstandskampf gegen die Faschisten — die jugendlichen Helden sind so blauäugig und unbedarft, daß man nicht um sie bangt, sondern eher denkt: Wer sich so dumm anstellt, hat es nicht besser verdient. Die Schöne leidet immer wieder in fast identischen Nahaufnahmen, und die Schurken sind auch kaum unterhaltsamer. Jede, aber wirklich jede Szene ist zu lang - die Tavianis baden so selbstverliebt in Gefühlen, Situationen und Landschaften, daß sie jeden Sinn dafür verloren haben, ob das Badewasser nicht schon längst kalt geworden ist.
Während man bei den frühen Filmen der Tavianis wie „Padre Padrone“ oder „Die Nacht von San Lorenzo“ die Leidenschaft der Regisseure spürte, weswegen ihr opernhaftes Pathos genau paßte und überzeugte, ist es jetzt zu einem peinlichen Theaterdonner verkommen. Wilfried Hippen
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