: Zu gütig
■ Daniel Danniels „Johan, der Bäcker“
Es war einmal ein Bäcker. Um ihn herum vergrößerte Regisseur Danniel Danniel eine Spielzeugstadt mit Kirchturm, verklinkerten Häuschen und grünen Wiesen von H-Null- auf 35 -mm-Format. Die Bewohner der niederländischen Provinzidylle haben zweckmäßige Namen: Frau van der Kerk wohnt neben der Kirche, und Johan, der Protagonist des Films, ist der Bäckermeister des Dorfs. Er ist die Unschuld selbst und lächelt immerfort. Der Bus kommt einmal am Tag - Lächeln die Hündin von van der Kerk kriegt „Babies“ - Lächeln - ein Bäckergeselle läßt Johan die Dreckarbeit machen - Lächeln und: „Ich mach's gern.“ Ereignislos wie in Jarmuschs „Stranger than paradise“, doch angefüllt mit niederländischer Freundlichkeit vergehen die Sommertage mit Brötchenbacken und Steineschnicken. Erst als die Kollegen Johan überreden, auf eine Kontaktanzeige zu antworten, vergeht dem bekennenden Naivling kurzzeitig das Lachen.
Der Schweinefleisch essende Rest der Dorfbevölkerung akzeptiert den schrulligen Bäcker als Original, denn: „Kuchen kann er gut backen.“ Als nach langem transkontinentalem Briefwechsel Eva Zonnebloem plötzlich wirklich vor der Tür steht, wirkt das Landei Johan angeschlagen. Die beiden verbringen eine Nacht vor dem Fenster; am Morgen - Johan hat Eva nicht einmal berührt fragt er sie, ob sie Schmerzen habe. „Paul hat gesagt, die erste Nacht tut immer weh.“ Mit viel Lächeln und wenig Worten führt Johan Eva seinen kleinen Kosmos vor: „Ich sitze am Fluß und schichte Steine aufeinander. Das ist nicht schwer. Ich kann Brot backen. Das ist schwerer.“ Die vom Leben abgewetzte Eva ist irritiert.
Der in niederländischer Originalfassung mit deutschen Untertiteln laufende Film krankt an der Güte seiner Figuren. Selbst der Auftritt des egoistischen Kollegen ist nur halbherzig böse, so offensichtlich dient er dem Lobpreis der Nächstenliebe. 54 Minuten lang spielt Hauptdarsteller Johan Leysen gegen das überreiche Dekor, das die Filmbilder mit Liebreiz zukleistert: Die großkragigen Hemden der Schauspieler sind zu bunt, die Wiesen zu grün, die Hundewelpen zu offensichtlich im Bild.
Stefan Gerhard
Daniel Danniel (Regie und Buch): Johan, der Bäcker, mit Johan Leysen, Mariyke Veugelers, Niederlande 1987, 54 Min.
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