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Zivis im Antrags-Dschungel

■ Mietbeihilfen des Bundes werden nicht in Anspruch genommen, da die Ämter die Anforderungen zu hoch schrauben

„Wenn Bremer Beamte zu Unrecht Bundesmittel sparen, muß Bremen eben selbst in die Tasche greifen“, sagt Peter Tobiassen von der Bremer Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegdienstverweigerer. Er beschreibt damit die derzeitige Arbeitsweise des Amtes für Unterhaltssicherung. Dieses Amt zahlt unter anderem Mietbeihilfen an Wehr- und Zivildienstleistende, die während der Dienstzeit in einer eigenen Mietwohnung leben.

In dem Amt sei ein übergroßes Mißtrauen gegenüber Zivildienstleistenden an der Tagesordnung, beschwert sich nun die Zentralstelle: Fast jeder müsse seinem Antrag auf Mietbeihilfe mehr Unterlagen beifügen als eigentlich erforderlich.

In der Vergangenheit hat diese Praxis Unzufriedenheit bei den Betroffenen ausgelöst. Nach den Richtlinien des Verteidigungsministers werden im Regelfall nur drei Bescheinigungen für die Antragstellung gebraucht: Die Durchschrift des Einberufungsbescheides, der Mietvertrag und die Nebenkostenabrechnung.

Viele Zivildienstleistende gehen den mühsamen und zeitaufwendigen Weg und besorgen Bescheinigungen über Bescheinigungen. Bei der Zentrastelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer werden immer wieder Fälle wie dieser bekannt: Da mußten zusätzlich zum Mietvertrag Mietquittungen und eine Bestätigung des Vermieters über den Bezug der Wohnung besorgt werden. In einem anderen Fall mußte ein Zividienstleistender, der zur Untermiete wohnt, die seinem Vermieter ausgestellte Erlaubnis zur Untervermietung vorlegen. Dazu Tobiassen: „Das ist so, als ob der Flohmarktbesucher vor dem Kauf einer alten Hose sich die Bescheinigung zeigen läßt, daß der Verkäufer die Standgebühr bezahlt hat.“

Das Unterhaltssicherungsgesetz ist zur Sicherung des Lebensbedarfes während des Wehr- bzw. Zivildienstes geschaffen worden, um die Dienstbereitschaft zu erhöhen. Insofern handelt das Amt für Unterhaltssicherung sogar kontraproduktiv. Unnötige Erschwerungen bewirken Verdruß. Das bringe immer wieder Zivildienstleistende dazu, die Ablehnung der Mietbeihilfe zu akzeptieren und sich das Geld von der Zivildienststelle bezahlen zu lassen, so Peter Tobiassen. Dann würden die nicht ausgezahlten Bundesmittel durch Bremer Geld ersetzt.

Die Leiterin der senatorischen Dienststelle, Frau Weichert, fordert nun Zivildienstleistende, die sich schlecht behandelt fühlen, auf, sich direkt an sie zu wenden, damit sie im Einzelfall die Vorwürfe nachprüfen kann.

Axel Bremermann

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