■ Kommentar: Zewa-Vosch-und-Weg
Der Anblick eines Verlierers kann zuweilen tröstlich sein: Flehend blickte Bürgermeister Henning Voscherau gestern himmelwärts, um dort wohnende Mächte zu animieren, seine Gefolgschaft vom Tanz ums Goldene Kalb „Soziale Gerechtigkeit“ abzubringen. Doch Voscherau ist eben nicht Moses: Die rechte Erleuchtung will die Hamburger Sozialdemokratie einfach nicht überkommen.
Daraus zu schließen, die Taktik des Bürgermeisters sei gescheitert, wäre übertrieben. Denn der Senatschef hatte gar keine. Das dumpfe Suchen nach populistischen Themen, die er nicht dem CDU-Wahlkampf überlassen will, machen noch keine Strategie aus. Denn Voscherau hat die Pläne zur Vertreibung von „Randständigen“ nicht initiiert, um den linken Genossen die Daumenschrauben anzulegen. Er hat die Schubkraft des Themas schlicht unterschätzt.
Selbst wenn die SPD-Linke sich wieder mal fügen sollte, hat Voscherau damit eine Schlappe erlitten. Stand er bei dem Knatsch um die Bezirksverwaltungsreform nur als Entscheidungsschwächling da, macht er jetzt den Eindruck eines traurigen Pausenclowns.
Während Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel mit klarem SPD-Profil aus dem Konflikt hervorgeht, hat sich der Senatschef lächerlich gemacht. Die düstere Prophezeihung, Rot-grün führe zu einem Haider oder Le Pen (weder Österreich noch Frankreich wird rot-grün regiert), wirkt wie ein demagogisches Versatzstück aus der CDU-Mottenkiste.
Trotzdem wird Voscherau den SPD-Prinzipienstreit überstehen, denn er hat zweierlei mit dem Küchentuch Zewa-Wisch-und-Weg gemein: Er ist saugfähig und reißfest. Silke Mertins
Bericht siehe unten
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