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Zeppo plays the Blues

■ Das Quartett des jungen Jazztrompeters Marlon Jordan spielte im Vegesacker KITO

Manchmal gibt es bei Konzerten eine irritierende Diskrepanz zwischen dem, was man sieht, und der Musik; und dann kann man die Musiker nicht mehr so recht ernstnehmen, auch wenn sie noch so meisterlich spielen. Zudem kann Marlon Jordan ja auch gar nichts dafür, daß er als Afroamerikaner fatal dem vierten Marxbrother Zeppo ähnelt, der nicht witzig, sondern nur lächerlich war. Die gleichen öligen Locken, das runde Gesicht mit dem etwas zu kleinen Mund; der gleiche Eindruck eines Schönlings, der dann doch nicht so gut aussieht, wie er sich gibt – der arme Mann!

Da drängt sich der Eindruck auf, daß Miles Davis und Chet Baker nicht nur zu Stars der Jazztrompete wurden, weil sie wie solche spielten, sondern auch, weil sie so aussahen. Und Zeppo kann nie Groucho sein. Dabei hat Jordan neben dem passenden Namen (keiner würde sich trauen, solch einen mythenträchtigen Künstlernamen anzunehmen) musikalisch durchaus das Zeug zur großen Karriere. In der Konzertreihe „rising stars“spielte er am Sonntag abend zwei kurze, aber sehr intensive Sets mit Jazz-Standards, auf denen er und die Mitglieder seines Quartetts so abenteuerlich und respektlos improvisierten, daß man froh war, wenn Jordan nur wenige von seinen Originalkompositionen präsentierten, die ja bei Neoklassikern wie ihm eh nur von den alten Songs abgekupfert sind.

Jordan bläst die Trompete glanzvoll, virtuos und mit viel Energie, also eher in der Tradition von Freddie Hubbard als der von Miles Davis. Da gab es viele Glanzpunkte in den Soli, denn diese Band richtet all ihre Originalität auf die Interpretation. Das Material, die Instrumentierung und die Arrangements waren so konventionell, daß man letzlich gezwungen war, auf die Feinheiten zu achten. Der Pianist Peter Edelman saß zwar auch musikalisch immer ein wenig abseits in der Ecke und wirkte wie der schwerarbeitende Wasserträger, der den anderen die nötigen Harmonien lieferte. Dagegen sah man dem Bassisten David Pulphus und dem Schlagzeuger Donald Edwards förmlich an, mit wieviel Phantasie und Spielfreude sie aus solchen tausendmal gehörten Stücken wie „Caravan“, „Bye, Bye, Blackbird“oder „Footprints“frische Varianten und rhythmische Nuancen kitzelten. Ihr Lächeln und ständiger Blickkontakt war dann auch der optische Kontrapunkt zum armen Zeppo Jordan. Wilfried Hippen

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