„nd“ vor dem Aus?

Die Tageszeitung „nd“ muss wegen finanzieller Probleme Stellen und Kioskverkäufe streichen

Am Samstagabend hat die Tageszeitung nd online bekanntgegeben, dass sie in einer großen finanziellen Krise steckt. Zuvor war die Ge­nos­s*in­nen­schaft in einer Versammlung über den aktuellen Stand informiert worden. Dort erklärte Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Rouzbeh Taheri, dass ein Fehlbetrag von 635.000 Euro bestehe. Die Einnahmen hätten rund 400.000 Euro niedriger gelegen als geplant, die Ausgaben gleichzeitig etwa 200.000 Euro höher. Um mit dieser finanziellen Notlage umzugehen, sind laut dem Onlinebeitrag unterschiedliche Maßnahmen beschlossen. Unter anderem soll die gedruckte Wochentagsausgabe ab dem 1. August nicht mehr an Kiosken erhältlich sein, weil dort deutlich mehr Kosten als Einnahmen entstünden. Die Wochenendausgabe nd.DieWoche hingegen soll weiterhin am Kiosk ausliegen – aber über die gesamte Woche. Außerdem würden bis Ende 2023 vier Vollzeitstellen gestrichen, zwei davon in der Redaktion.

Eine Stellungnahme der Belegschaft, die bereits vor der Ge­nos­s*in­nen­ver­samm­lung geschrieben wurde, vergleicht die Situation mit der einer Bäckerei, die dichtmacht, weil die Menschen nur noch beim Backshop kaufen, und fährt dann fort: „Erst fanden es viele nicht wichtig, ein Online-Abo für das nd abzuschließen, und als das nd dann eingegangen war, vermissten nicht wenige eine tägliche Stimme, die Reichtum nicht als selbstverständlich betrachtet, Aufrüstung für gefährlich hält und die EU-Abschottung als menschenverachtend anklagt.“

Die Belegschaft, die bereits am Donnerstag von der Krise erfahren hat, geht in der Stellungnahme auf das „Wagnis der Genossenschaft“ ein, inklusive gestrichener Stellen. Zwar zeigt sie sich dazu bereit zu reflektieren, was in der Redaktion schiefgelaufen sein könnte, betont jedoch, dass die Klickzahlen in den letzten zwei Jahren gestiegen seien. Aber: „Zu viele, die uns lesen, zahlen nichts, zu wenig oder zu selten.“ Grund für die gestiegenen Kosten seien Inflation und Energiekrise. Darunter und unter stark erhöhten Papierpreisen leiden aktuell viele Medien. So erhöhte auch das nd in den letzten Jahren bereits mehrfach die Abopreise. Mit den angekündigten Maßnahmen und den gestrichenen Stellen, so die Hoffnung, könnten 2024 700.000 Euro eingespart werden. Einer weiteren Arbeitsverdichtung gegenüber zeigt sich die Belegschaft kritisch, die bereits durchgeführte habe „einen Preis“: längere Krankheiten und Abwanderungen zu besser bezahlten Jobs. Das nd, das aus Neues Deutschland hervorgegangen ist, wird seit dem 1. Januar 2022 von der Ge­nos­s*in­nen­schaft herausgegeben. (jdo)