piwik no script img

„Zeigen, daß es geht“

Mit zwei Katamaranen beginnt die Renaissance der Personenschiffahrt auf der Elbe  ■ Von Sven-Michael Veit

Sie sind schnell, umweltfreundlich und nicht teurer als die Bahn: Die beiden Katamarane, die am 15. Juli ihren Dienst als Fährschiffe zwischen Hamburg und dem Alten Land aufnehmen. Mit ihnen beginnt eine neue Ära im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) der Region Hamburg, sind sie doch die erste verkehrspolitische Innovation seit dem Baubeginn von U- und S-Bahnen Ende des vorigen Jahrhunderts.

„Ich will zeigen, daß es geht“, hatte Hans Heinrich im Herbst '94 angekündigt. Damals ließ der Chef des Schiffahrtskontor Altes Land (SAL) in Steinkirchen einen geliehenen Katamaran zwei Wochen lang versuchsweise zwischen Stade und Hamburg pendeln. Ob des Publikumserfolgs prognostizierte er seinerzeit, „in spätestens zwei Jahren den Durchbruch zu schaffen“. Es ging sogar noch fixer.

Von Montag an düsen die beiden elbe-city-jets mit 34 Knoten (rund 64 km/h) von den Landungsbrücken via Lühe nach Stadersand. Mit einer Fahrtzeit von 45 Minuten sind sie nicht nur deutlich schneller als Bahn (Fahrzeit Hauptbahnhof - Stade: 60 bis 70 Minuten) und vor allem Auto (ca. 90 Minuten), sondern auch ökologischer. Der Verbrauch von lediglich 1,5 Litern Dieselöl pro Passagier ermöglicht den Doppelrumpfbooten eine Energiebilanz, die wohl erst vom Drei-Liter-Auto zu gefährden sein wird; der Lärmpegel liegt mit 70 Dezibel deutlich unter den Werten von Pkw oder U-Bahn.

Allein aus dem Raum Stade pendeln täglich fast 30.000 ArbeitnehmerInnen nach Hamburg, Politiker vor Ort sehen ein Potential von 6000 bis 8000 Menschen, die auf den Katamaran umsteigen würden, statt auf der B 73 und im Elbtunnel im Stau zu stehen. Ein Andrang, den die beiden Katamarane „nicht ansatzweise bewältigen könnten“, bestätigt auch Svenja Heinrich, in der Reederei ihres Vaters für das Fährprojekt zuständig (siehe Interview rechts). 202 Passagieren bieten die Schiffe Platz, bei fünf Abfahrten zwischen 6 und 10 Uhr morgens ist die Kapazität bereits bei 1000 Menschen erschöpft.

Wenn am morgigen Freitag die Doppelrumpf-Flitzer auf die originellen Namen „Hanseblitz“ und „Hansepfeil“ getauft werden, wird auch einer sich am lobenden Wort vergreifen, der nicht als Vordenker für verkehrspolitische Ansätze in dieser Stadt gilt: Eugen Wagner, der für die hiesige SPD als Bau- und Verkehrssenator dilettiert, wird es vermutlich dennoch gelingen, die Rolle Hamburgs bei der Realisierung des Projekts herauszustreichen. Die allerdings vornehmlich darin bestand, die Schnellfähren nicht verhindert zu haben.

Während die Heinrichs ganz in der Tradition hanseatischer Reeder sich mit öffentlicher Kritik an den Behörden der Elbmetropole vornehm zurückhalten, wurden andere durchaus deutlicher: „Hamburg scheint Angst zu haben, mit der Verbesserung der Verkehrsverbindungen in den Raum Stade etwas zu verlieren“, seufzte schon vor zwei Jahren der Stader SPD-Kreispolitiker Egon Ohlrogge über die Bedenken seiner Parteifreunde in der Hamburger Wirtschafts- und Verkehrsbehörde.

Die nervten den Reeder aus dem Alten Land mit ihrer Angst vor springflutartigen Bugwellen („Schwell“) und sahen reihenweise unschuldige Freizeitsegler samt Jollen unter den Aluminiumrümpfen der rasanten Flitzer verschwinden. Und die Stadtstaats-Reederei HADAG, inzwischen Mitgesellschafter des elbe-city-jets, versuchte gar, ein Anlegeverbot für die Fähren in Lühe auszusprechen.

Manche haben noch immer Angst vor verkehrspolitischen Neuerungen, die nicht dem Privat-PKW neue Wege öffnen: Die Deutsche Airbus (DASA) in Finkenwerder untersagte den Katamaranen den im Fahrplan bereits ausgewiesenen Halt, zum Ärger von Betriebsrat und mehr als hundert ArbeitnehmerInnen, die sich bereits nach Monatskarten erkundigt hatten. Es könnten ja, so die Befürchtung aus der DASA-Chefetage, betriebsfremde Personen aussteigen und das Werksgelände unsicher machen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen