Zehn Jahre nach Fukushima: Atomlobby wittert Morgenluft

Das Desaster von Fukushima war ein Schock. Zehn Jahre später versucht die Atomlobby die Kernenergie als Retterin in der Klimakrise zu präsentieren.

Ein Mohnfeld vor einem Atomkraftwerk, linkd und das innere einer Mohnblüte welches aussieht wie das Zeichen für Atomkraft, rechts

Kernenergie als Rettung gegen den Klimawandel – so lautet die Erzählung der Atomlobby Foto: Armin Weigel/dpa,YAY Images/imago

Kurz nach der Atomkatastrophe in der japanischen Präfektur Fukushima stand er: der deutsche Atomausstieg. Im Jahr 2022 soll das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen.

Zehn Jahre später gibt es neue Schockmomente. Sie kommen nicht in Strahlenform, sondern als Wirbelsturm, als Flut, als Hitzewelle, als Dürre. Der Klimawandel ist da, auch im globalen Norden. Was allein der bisherige Stand von etwa 1 Grad Erd­erhitzung an Folgen nach sich zieht, lässt vor 2 Grad oder mehr zittern. Die Regierungen der Welt haben sich im Pariser Weltklimaabkommen deshalb geeinigt, den Klimawandel möglichst bei 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau zu stoppen.

Das lässt die Atomlobby Morgenluft wittern. Sie macht schließlich mit einer Technologie Geschäfte, die als emissionsarm gilt. Kommt die Atomkraft nun als vermeintliche Retterin in der Klimakrise zurück? Das ist nicht zu hoffen, denn das Atommüllproblem bleibt ungelöst. Keine gute Basis für ein Energiesystem, das die Welt sicherer machen soll.

Außerdem ist auch Atomstrom nicht emissionsfrei, wenn man sich die gesamte Produktionskette anguckt. Natürlich gilt das auch für Ökostrom. Die niedrigsten Prognosen für den CO2-Fußabdruck der Atomkraft liegen sogar in etwa auf dem niedrigen Niveau von Windrädern. Der Weltklimarat gibt aber eine Spanne von 3,7 bis 110 Gramm pro Kilowattstunde Strom an. Der Grund dafür liegt in Unwägbarkeiten bei der Uranherstellung und – da sind wir wieder bei dem Riesenproblem – der Endlagerung des Atommülls.

Selbst der Weltklimarat fordere Atomkraftwerke, hört man manchmal. Nur: Die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen fordern nicht, sie erstellen Szenarien aufgrund bestimmter Annahmen. Tatsächlich weisen diejenigen, die auf das 1,5-Grad-Ziel ausgerichtet sind, meist eine zunehmende Bedeutung von Atomstrom aus. Allerdings beruhen sie auf sozioökonomischen Entwicklungsszenarien, die ein ungebrochenes Wachstum des Pro-Kopf-Konsums und einen entsprechenden Energiebedarf bis zum Jahr 2100 voraussetzen. Wo bleiben die ökonomischen Gedankenspiele dazu, wie das in einer Postwachstumsgesellschaft aussehen könnte?

Aller positiven Umdeutungen zum Trotz: Dass es zu einer Renaissance der Atomkraft kommt, darauf deutet noch nicht viel hin. Die Realität und die Wünsche der Atomlobby, das sind doch zwei verschiedene Welten – zum Glück.

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Jahrgang 1991, ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.

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