: Zahlen manipuliert
■ Bubis wirft Bundesregierung Kampagne gegen GUS-Zuwanderer vor
Bonn/Mainz (AP) – Zwischen dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Bundesregierung gibt es Unstimmigkeiten über die Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion. Der Zentralratsvorsitzende Ignatz Bubis warf dem Auswärtigen Amt in Bonn vor, seit etwa Oktober 1995 mit weit übertriebenen Zahlen eine Kampagne gegen die Zuwanderung zu führen. Dagegen erklärte das Auswärtige Amt am Samstag, eine Änderung der Aufnahmepolitik stehe nicht zur Diskussion. Es werde aber darüber nachgedacht, wie einem Mißbrauch der Zuwanderungsregelung vorgebeugt werden könne.
Bubis schrieb in einem Gastkommentar für die Mainzer Allgemeine Zeitung, Ziel des Auswärtigen Amtes sei es, die bislang reibungslos laufende Aufnahme jüdischer Zuwanderer zu torpedieren. Es verbreite „Horrormeldungen, indem es über angeblich Hunderttausende Ausreisewilliger spricht, die sich in einer Warteschlange befinden, oder von ein bis zwei Millionen potentieller Ausreisewilliger“, kritisierte Bubis. Tatsächlich seien in den letzten sieben Jahren etwa 45.000 Juden einschließlich ihrer nichtjüdischen Angehörigen aus den GUS-Staaten nach Deutschland eingereist.
Das Thema soll am kommenden Mittwoch in einer Fragestunde des Bundestages zur Sprache gebracht werden. Die Kontroverse zwischen dem Zentralrat und der Bundesregierung hatte sich an Äußerungen von Entwicklungshilfeminister Carl-Dieter Spranger entzündet. Er hatte gesagt, allein in der Ukraine warteteten bis zu 800.000 Juden auf die Ausreise nach Deutschland. Ein unbegrenzter Zugang von Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion sei nicht möglich. Daraufhin hatte Bubis von Panikmache gesprochen.
Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, forderte Außenminister Klaus Kinkel auf, sich von dem „antijüdischen Papier aus seinem Amt zu distanzieren“. Argumente gegen die Beibehaltung der bisherigen Regelung seien „nicht fern von antisemitischer Hetze“.
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