ZDF-Magazin "Mona Lisa": Schicksal, Promis, Crime, Emo
Das Frauenmagazin "Mona Lisa" macht jetzt auf Boulevard. Bei Themen wie Scheidung und Heimkind wird auf die Tränendrüse gedrückt.
Das ZDF hat ein Boulevardmagazin mehr: "Mona Lisa". Nach 23 Jahren feministischen Fernsehens will das Frauenmagazin jetzt jeden Samstagabend auch für "Männer und mehr" da sein. Das mit den Männern leuchtet ein, schließlich will man den Zeitgeist bedienen, da macht sich so ein reines Frauenmagazin nicht mehr gut. Und was soll das "Mehr" sein? Jetzt wissen wir es: Schicksal, Promis, Crime, Emo.
Da gab es zum Beispiel Marion Hoffmann. Die hat ein wirklich schweres Schicksal hinter sich: eine Scheidung. Aber die Marion rappelte sich wieder auf und eröffnete ein Hotel. In Nizza, wo die Strandpromenade bei Sonnenuntergang "ihr Lichtercollier anlegt". Heute möchte die Marion, auch wenn sie den ganzen Tag in ihrem kleinen Luxusexil ist, wo "die Luft immer so gut ist", "am liebsten die Gäste bezahlen", so prima läufts in ihrem Leben.
Und Helene Fischer erst. Die 26-jährige gebürtige Russin kam als kleines Mädchen mit ihren Eltern aus Krasnojarsk. Sie "ist ein Paradebeispiel für gelungene Integration", strahlt Moderatorin Barbara Hahlweg (sonst "heute") in die Kamera. Und die erfolgreichste Schlagersängerin zurzeit ist Helene Fischer sowieso. Bei so viel Glück fragt sich die blonde Integrationsmeisterin: "Warum gerade ich?"
Ist doch toll, wenn Frauen noch so bescheiden und so demütig sein können. Und was vermisst Helene Fischer, die nur aus dem Koffer lebt? "Putzen."
Und die Männer? Die hatten den erbärmlichsten Part. Peter und Carlheinz Cordewinus wuchsen in Heimen auf, weil ihre Mutter sie als Babys weggegeben hat. Als alte Männer nun suchten die beiden ihre Mutter und fanden sie. Die 78-Jährige machte den unbekannten Söhnen ein unglaubliches Geständnis: Sie war jung und hatte kein Geld. Tränen, Tränen, Tränen.
Das kann man ja alles so machen. Dann sollte man es aber auch offen Boulevard nennen. Und in der nächsten Sendung unbedingt Katastrophe, Kinder und Tiere hinterherschieben.
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