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Wut und Ohnmacht

Tschechien verliert bei der Fußball-EM durch einen Elfmeter unglücklich mit 0:1 gegen die Niederlande

AMSTERDAM taz ■ Im Pressesaal der „AmsterdamArena“ wurde Pavel Nedved als „bester Akteur des Spiels“ geehrt. Doch der 27-Jährige hätte die bronzene Auszeichnung am liebsten „weit weg geworfen“. Nedved verstand die Welt nicht mehr. „Noch nie“, sagte er, „noch nie habe ich auf eine solche Art verloren. Es ist eine große Ungerechtigkeit.“ Niedergeschlagenheit, Wut und Ohnmacht vermengten sich nach dem 0:1 gegen die Niederlande.

Die Ungerechtigkeit trug einen Namen: Pierluigi Collina. Der italienische Referee gab in der 89. Minute einen Strafstoß für die Gastgeber, den Frank de Boer verwandelte und der in den Augen der Tschechen keiner war. Latal zupfte Ronald de Boer am Trikot. Collina pfiff – strikt nach den Regeln.

Die Holländer aber hätten sich nicht beklagen können, wenn Collinas Pfeife stumm geblieben wäre. „Nein“, sagte Edgar Davids, „den Elfmeter braucht er nicht zu geben.“ So sprach denn Pavel Kuka von einer „lächerlichen Entscheidung“, Jan Kollers Worte waren eine einzige Anklage gegen Collina: „Schrecklicher Elfmeter, Skandal, eine Schande, was uns passiert ist.“ Und auch der tschechische Trainer Jozef Chovanec machte aus seinen Gefühlen kein Geheimnis: „Ich kann und will das nicht verstehen.“ Und: „Wir haben heute nahe am Sieg gespielt, aber sehr weit weg vom Glück.“

Nach einer sehr defensiven ersten Halbzeit übernahmen die Tschechen in Abschnitt zwei das Kommando. „Das war alles so gewollt“, sagte Chovanec, „Taktik, Sie verstehen?“ Vom Wiederanpfiff an erhöhte seine Mannschaft das Tempo und spielte kompromisslos Richtung gegnerisches Tor. Bereits in den ersten 20 Minuten der zweiten Hälfte hätten die Tschechen den Sieg klarmachen können. Holland wankte, und dass sie nicht fielen, war Glück. Nedved und Koller trafen per Kopf Pfosten und Latte. „Es gibt nichts zu beschönigen“, gestand Edgar Davids, „die Tschechen hätten den Sieg verdient gehabt.“

Die Holländer nahmen den nicht mehr erwarteten Erfolg glücklich, aber ohne Euphorie zur Kenntnis. „Das erste Turnierspiel“, beschrieb Edwin van der Sar, „das ist manchmal wie ein riesiger Felsbrocken, der über dir hängt und der auf dich herabzustürzen droht.“ Die EM im eigenen Lande, die Vorschusslorbeeren, „das hat uns arg zu schaffen gemacht“, erklärte Ersatzspieler Artur Numan, der von der Bank aus „viele seltsame Sachen“ beobachten musste. „Da sind Bälle vom Fuß gesprungen, Pässe misslungen, Beine schwer geworden, wir dürfen wirklich sehr froh sein über die drei Punkte.“

Die Tschechen hingegen müssen, um noch das Viertelfinale zu erreichen, wohl gegen Weltmeister Frankreich und Dänemark gewinnen. „Vielleicht“, sagte Pavel Kuka, „kriegen da wir ja mal einen Elfmeter, der keiner ist.“

RALF MITTMANN

Niederlande: van der Sar - Reiziger, Stam (75. Konterman), Frank de Boer, Zenden (78. Overmars) - Seedorf (57. Ronald de Boer), Cocu, Davids, van Bronckhorst - Bergkamp, Kluivert Tschechien: Srnicek - Latal (70. Bejbl), Repka, Rada, Gabriel - Poborsky, Nedved (90. Lokvenc), Rosicky, Nemec - Smicer (83. Kuka), Koller Zuschauer: 50.000; Tor: 1:0 Frank de Boer (89./Foulelfmeter)Rote Karte: Latal (90.)

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