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Wundersam, phänomenal, selten

■ Verehrer, Bewunderer, Diebe gibts en masse: Der Schauspieler Gerhard Fries kreist in einer szenischen Solo-Lesung im Monsun-Theater um das „Mirakel Zeit“

Man will viel davon. So viel, dass es für mindestens zwei satte Leben reicht. Doch wie es dann meistens so ist, hat man grundsätzlich zu wenig. Bei den so genannten ZivilisationsteilnehmerInnen artet das wiederum schnell in Stress aus. Geld ist an dieser Stelle zwar nicht explizit gemeint. Aber allen ist hinlänglich der Aphorismus bekannt, der Geld mit einer begehrlichen Ressource gleich setzt: der Zeit.

Klug kalkuliert, lässt sich aus Zeit ein Haufen Geld stapeln – und bekanntlich noch schneller wieder abtragen. Aber nur weil die Zeit ein menschliches Konstrukt ist, ist sie noch nicht käuflich. Vorerst zumindest. Geheimnisumwittert wegen ihrer Unfassbarkeit, schart sie überall auf der Welt faszinierte BewerberInnen um sich. Und immer wieder finden sich darunter einige, die von ihren Einblicken in die eigens geschaffene Mysterienkiste schriftlich Zeugnis ablegen.

Diesen Überlegungen etwa zu sub- und objektiver, relativer und kosmischer Zeit über Jahrtausende und Kontinente hinweg folgt heute Gerhard Fries in einer szenischen Lesung im Monsun-Theater. Schon letztes Jahr arbeitete der Schauspieler zum Thema Zeit. Doch nun hat er aus dem Material eine neue Solo-Version kreiert mit dem Titel Zeit: Mirakel – Orakel – Debakel. Von Bach-Klängen begleitet, kommen jedoch nicht nur die großen Philosophen und Literaten zu Wort: Für passende Überleitungen sorgt Fries vielmehr selbst.

Schließlich hat er sich vorgenommen, innerhalb seines zeitbezogenen Dreigestirns vom Wundersamen zum Phänomen zu reisen, um letzten Endes bei den gegenwärtigen Schwierigkeiten zu landen. Grundannahme ist dabei, dass man Zeit nicht fühlen, sondern nur denken kann. Aber auch, dass Zeitwahrnehmung immer auch kulturell geprägt ist. Doch schwebt Fries für seine Ein-Mann-Show keinesfalls eine stereotype Darstellung etwa vom über profane Denckonzepte hinwegmeditierenden Buddhisten als solchem vor. Er glaubt an die Macht konkreter Beispiele: Da bekommen nämlich „alle Sachen eine Färbung“. Wohl kaum eine neutrale.

Das gilt jedoch genauso für den Blick auf die eigene Kultur. Ein Dasein ohne Uhr scheint undenkbar – und wenn sie nur als Kontroll-instrument dient, mit dem man die durch immer ausgefuchstere Technik vermeintlich eingesparte Zeit messen darf. Oder mit der man zur Kenntnis nimmt, dass die Zeit trotz Messung irgendwie ständig weg ist, und zwar immer gerade dann, wenn man sie dringend benötigt.

Liv Heidbüchel

Heute, 20 Uhr, Monsun-Theater

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