■ Kommentar: Wrocklage (SPD?)
Die Politik ist zuweilen voller Überraschungnen: Hamburgs Innensenator Hartmuth Wrocklage ist kein Christdemokrat. Das liegt allerdings nicht an mangelnder Nähe zu seinen CDU-Amtskollegen, wenn es darum geht, bosnische Flüchtlinge in Angst und Abschiebungsschrecken zu versetzen.
Der Noch-Sozialdemokrat Wrocklage hat von seinen Genossen auch kein Parteiausschlußverfahren wegen unmenschlicher Symbolpolitik zu befürchten. Denn die Lebensumstände von Menschen, die nicht wählen können, hat die hanseatischen Sozis noch nie sonderlich berührt.
Auch kann man nicht unterstellen, daß mit dem ehemaligen Finanzstaatsrat Wrocklage die fiskalischen Pferde durchgegangen sind. Denn vor kommendem April kann ohnehin kaum jemand abgeschoben werden. Als Steigbügelhalter für den mit einer großen Koalition liebäugelnden Bürgermeister macht Wrocklage zwar eine gute Figur. Aber die tatsächliche Motivation liegt in der persönlichen Profilierung.
Seit Wrocklage das Amt übernommen hat, ist ihm nichts so richtig gelungen. Weder hat er den Polizeiskandal oder die Drogenpolitik in den Griff bekommen, noch hat er ein glückliches Händchen bei der Auswahl des Polizeipräsidenten gehabt. Bei der geplanten Verschärfung des Polizeigesetzes mußte er gar vor seinen Parteikollegen einen peinlichen Rückzieher machen. Nun will er offenbar wenigstens seine Abschiebepläne für Bosnier durchziehen. Wenigstens ein einziges „gelungenes“ Projekt will er vorzeigen können, wenn die Legislaturperiode endet. Silke Mertins
Meldung unten; Bericht S. 1
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