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Wozu brauchen wir die da oben?

■ betr.: „Für Vollbeschäftigung Löhne um 20 % senken“, Inter view mit Norbert Walter, Chef ökonom der Deutschen Bank, taz vom 10. 6. 96

[...] Es ist sicher sinnvoll, auch mal was von den Mächtigen des Landes zu hören, aber gehört deren Konzepten denn wirklich die Zukunft, die wir meinen oder meinten? Das, was der da von sich gibt, kann ich jeden Tag in den Nachrichten hören.

[...] Wer spricht auf unseren Zeitungsseiten eigentlich noch von der Verfügungsgewalt über das Kapital? Wo bleibt die Frage danach, was mit den Maschinisierungsgewinnen passiert ist und täglich weiter passiert? Ist die Ausbeutung der armen Länder kein Thema mehr? Hat noch keiner bemerkt, daß es immer weniger Arbeit gibt und daß das die Chance eröffnet, die Arbeitsgesellschaft „abzuschaffen“? Dazu müßten aber die enormen ökonomischen Potentiale unseres Landes denen zugute kommen, die sie schaffen. Umverteilung von oben nach unten. Wozu brauchen wir überhaupt die da oben?

Wann diskutieren wir in unserer Zeitung endlich wieder darüber, wie wir:

– eine Gesellschaft schaffen, in der der gemeinsam geschaffene Reichtum allen gehört,

– eine Wirtschaft schaffen, die „ohne“ Ausbeutung der Natur und der armen Länder der Welt auskommt,

– die Arbeit so verteilen, daß alle wieder Zeit haben, um ihren privaten Kram allein machen zu können (Kinder großziehen, Wäsche waschen, Essen kochen ...), ohne sich dafür ausländische „Sklaven/innen“ anzustellen usw. Manfred Guder, Berlin

„Heute arbeiten in vielen Haushalten zwei oder sogar mehr Menschen, und deshalb muß jedes einzelne Einkommen nicht unbedingt zum Leben reichen“, stellt „Chefökonom“ Norbert Walter fest.

Die Qualität solcher Haushaltsbeziehungen vermag man sich leicht vorzustellen. Ausgesprochen ärgerlich finde ich aber, daß Herr Walter mit der seit Jahrzehnten betriebenen Wiederholung dieser reaktionären Propaganda (und wenn das nicht reaktionär ist, was dann?) ein Einkommen erzielt, das zwei oder sogar mehr Haushalten unbedingt zum Leben reicht. Kurt David, Pfinztal

Die taz als Forum durchgeknallter Topmanager. Da kommt Freude auf. Weiter so! Michael Pieper, Bonn

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