: Wounded Knee
■ Symbol der Niederlage und des Widerstandes
Der Siegeszug der Eisenbahn über den nordamerikanischen Kontinent besiegelte Mitte des vergangenen Jahrhunderts das Schicksal der amerikanischen Ureinwohner. Die Dampfrösser erschlossen den Westen, die Heimat der gewaltigen Büffelherden, die die Lebensgrundlage der Indianer bildeten. Zwischen 1830 und 1883 wurden 75 Millionen dieser Tiere von den weißen Kolonisatoren abgeschlachtet, Hunger und Not zwangen die Ureinwohner in die Reservate. Auch auf die Indianer wurde Jagd gemacht, für einen Skalp ließen sich 50 Dollar verlangen. 1870 waren nur noch 27.000 Ureinwohner übrig. Es war die Zeit, als US-General Philip Sheridan die Parole ausgab, nur ein toter Indianer sei ein guter Indianer. Nachdem am 15. Dezember 1890 der legendäre Anführer der Sioux, Sitting Bull, ermordet wurde, machten sich auch seine verbliebenen Anhänger auf die Reise nach Pine Ridge ins Reservat. Sie wurden auf dem letzten Stück Weges von Soldaten eskortiert, die ihnen zuerst die Waffen abzunehmen versuchten, dann am Ufer des Flüßchens Wounded Knee ein Massaker verübten. Etwa 300 der 350 Männer, Frauen und Kinder starben unter dem Gewehr- und Geschützfeuer der weißen Kavallerie. Es war die letzte Schlacht der Weißen gegen die Indianer.
Siebzig Jahre später beginnt sich ein neuer Widerstand der Ureinwohner zu regen. 1968 wird das American Indian Movement gegründet, Ende 1969 die San Francisco vorgelagerte Insel Alcatraz besetzt. Im Herbst 1972 ziehen Indianer aller Stämme im „Trail of Broken Treaties“ nach Washington D.C. und besetzen sieben Tage lang das „Büro für Indianische Angelegenheiten“ (BIA).
Wounded Knee, Pine Ridge Reservation, Februar 1973: Von den 11.000 Indianern vom Stamm der Oglala-Sioux haben nur 1.500 ein geregeltes Einkommen, je nach Jahreszeit sind 50 bis 80 Prozent der Männer arbeitslos. Die Wahl des Stammesvorsitzenden, der vom BIA zur Verteilung der staatlichen Hilfsgelder instrumentalisiert wird, steht an. Erneut zur Wahl stellt sich der bisherige Vorsitzende Dick Wilson, er will „die Kommunisten aus Wounded Knee vertreiben“. Ein Mißtrauensantrag gegen ihn wird abgewehrt, Wilsons Gegner klagen, das Leben im Reservat sei „wie in einem Polizeistaat“.
Am 27. Februar abends werden zwei Gebäude in Wounded Knee besetzt, die Besetzer fordern, daß der Kongreß in Washington ihre Beschwerden prüft. Sie haben elf Geiseln in ihrer Gewalt. Das FBI beginnt mit der Belagerung von Wounded Knee. Sie dauert 71 Tage. Während der Besetzung kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den staatlichen Behörden und den etwa 120 Indianern, viele werden verletzt oder verhaftet, einige getötet. Am Ende, unter der Drohung eines massiven Angriffs von US- Truppen, kommt es zu einer Einigung auf dem Verhandlungsweg. Wilson bleibt im Amt, die Panzer werden abgezogen. 15 Indianer werden verhaftet.
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