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Wo bleibt die Cliff-Barnes-Gruppe?

■ In der Frankfurter Festhalle startete gestern ein Festival: das Tennis-Masters-Finale der Herren Es geht um zwei Millionen Dollar, viele Ranglistenpunkte und vielleicht auch um gutes Tennis

Frankfurt/Main (taz) — André Agassi, das 20jährige „enfant terrible“ der weißen Szene, hatte sich zur Feier des Tages sogar eine Krawatte um den unrasierten Hals geschlungen. Ivan Lendl (30) sah aus wie Old Death und der Schwede Stefan Edberg (24), der Schweiger aus Västerik, durchbohrte mit seinen stahlblauen Augen die Konkurrenten, die ihm in der Arthur-Ashe- Gruppe zugelost wurden: Die Nummer eins der Weltrangliste muß das Racket gegen Mähnenpunker Agassi, gegen US-Open-Sieger Pete Sampras und gleich zum Auftakt des Turniers gegen Emilio Sanchez aus Spanien schwingen.

Der „workaholic“ Ivan Lendl trifft in der Cliff-Drysdale-Gruppe auf den Equadorianer Andres Gomez, auf „Alpen-Boris“ Thomas Muster und vielleicht auf Boris Becker. Der Herausforderer von Weltranglistenführer Edberg meint: „Ich fühle mich als Nummer eins. Nur der verdammte Computer begreift das nicht!“

Er litt gestern noch immer an einer mysteriösen Oberschenkelverletzung. „Becker wird spielen“, nährte ATP-Pressechef Evans die ungebrochenen Hoffnungen der Fans und Journalisten. „Das entscheidet sich erst nach einem letzten Test in Frankfurt“, besänftigt der Weltranglistenzweite voreilige Freudenausbrüche.

Bis zum Schluß nutzt Boris Becker die Gelegenheit, sich in München vom Bayern-Vereinsarzt Müller- Wohlfarth behandeln zu lassen. So kam ihm sehr gelegen, daß er sein erstes Spiel — denn natürlich kommt er doch — erst am Mittwoch gegen Andres Gomez in der ehrwürdigen Festhalle austragen muß, in der 8.500 Zuschauer Platz finden.

Daher fehlte das Wunderkind aus Leimen auch auf der Schlemmerparty seines Ausstatters, der zum Auftakt des ATP-Turniers die Fachpresse in ein Nobelhotel zum lauwarmen italienischen Menü geladen hatte. Auch Beckers Trainer Bob Brett sagte zwischen Linguine und Saltimbocca nur, daß er nichts sagen könne über den Gesundheitszustand der „Verkörperung des Herrentennis in Deutschland“ ('Darmstädter Echo‘).

Die entäuschten Journalisten wurden mit einem Original-Schweißhemd ruhig gestellt — und der Pressechef der Firma, die außer Becker noch die orgastisch stöhnende Monika Seles mit der neusten Tennismode beglücken darf, tätschelte entnervt breite Reporterschultern und bat um Nachsicht: „Unser Boris hier mit Ihnen, das wäre natürlich das Tüpfelchen auf dem i gewesen.“

Das „Tüpfelchen“ für Becker selbst wäre mit Sicherheit, wenn er im Streit mit Stefan Edberg um den ersten Weltranglistenplatz siegen könnte. Gewinnt er das Turnier und der Schwede scheitert spätestens im Halbfinale, verdrängt Becker seinen Dauerrivalen und wird neuer Tennisprimus. Reizvoller könnte das erste Jahr der ATP-Tour kaum zu Ende gehen.

Eitel Freude herrschte am Montag bei Frankfurts Oberbürgermeister Volker Hauff, der das Turnier der „Assotiation of Tennis-Professionals“ (ATP) von New York in die Mainmetropole geholt hatte — wenn auch ohne den Segen des konkurrierenden Weltverbandes ITF, der bislang das „Masters“ ausrichtete. Immerhin können rund zwei Milliarden Menschen den ersten „sichtbaren“ Erfolg der rot-grünen Stadtregierung live am Bildschirm miterleben. In Deutschland übrigens auf Dünnbrett-Privatsender Sat1, mit dem ersten Boris-Trainer Günther Bosch am Mikrofon: „Ja ja, der Boris...“ Klaus-Peter Klingelschmitt

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