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Wischnewski: Jetzt Hilfe an Managua

■ Wischnewski glaubt an Bundestags–Mehrheit für Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe an Nicaragua / Bundesregierung sträubt sich / Nicaraguas Parlament erließ Amnestiegesetz für 3.300 politische Häftlinge

Frankfurt (afp/rtr) - Der SPD– Politiker Hans Jürgen Wischnewski hält eine Mehrheit im Bundestag für eine Wiederaufnahme der deutschen staatlichen Entwicklungshilfe an Nicaragua für möglich. Nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens zwischen Sandinisten und Contras werde jetzt „sehr schnell darüber zu reden“ sein, sagte Wischnewski, der als Berater der Sandinisten an den Friedensverhandlungen teilgenommen hatte, am Wochenende nach seiner Rückkehr aus Managua in Frankfurt. Die SPD–Fraktion hatte bereits im September eine Initiative im Parlament gestartet, dem wirtschaftlich ausgebluteten Land mit 100 Millionen Mark Kapitalhilfe unter die Arme zu greifen. „Die Bundesregierung muß endlich aufhören mit der völlig unterschiedlichen Behandlung der fünf mittelamerikanischen Staaten und dem Land, das für den Frieden die größten Anstrengungen gemacht hat, Gerechtigkeit widerfahren lassen“, sagte Wischnewski am Samstag vor der Presse in Frankfurt. Ihre Bekenntnisse zum Frieden in Mittelamerika seien andernfalls unglaubwürdig. Entwicklungshilfeminister Hans Klein (CSU) hatte am Freitag erklärt, die Bundesregierung werde die 1983 eingestellte staatliche Wirtschaftshilfe für Nicaragua erst dann wieder aufnehmen, wenn die mittelamerikanischen Nachbarländer den Sandinisten demokratische Verhältnisse bescheinigt hätten. Als Mitunterzeichner des Waffenstillstandsabkommens wird Wischnewski auch an den Verhandlungen über einen endgültigen Friedensvertrag am 6.April teilnehmen. Die Kriegsparteien in Nicaragua wollen sich dazu in der Hauptstadt Managua treffen. Am Samstag hat das Parlament in Managua eine erste Bedingung des Friedensvertrages mit den Contra–Rebellen erfüllt und ein Amnestiegesetz für 3.300 politische Gefangene verabschiedet. Die Hälfte der Begnadigten sind ehemalige Angehörige der Natio nalgarde des gestürzten Diktators Somoza. Die ersten 100 Häftlinge sollten bereits gestern das Gefängnis von Tipitapa in der Nähe Managuas verlassen können. Die Amnestie gilt auch für alle im Exil lebenden Nicaraguaner. Alle Begnadigten erhalten das Recht, sich wieder in den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Prozeß in Nicaragua einzugliedern. Die restlichen 3.200 politischen Häftlinge sollen in zwei weiteren Etappen freigelasen werden: die erste Hälfte, wenn die Contra–Rebellen in den ihnen zugewiesene Enklaven eingetroffen sind. Dies wird voraussichtlich Mitte April der Fall sein, sofern am Montag ein Vertrag zwischen Sandinisten und Contras über diese Zonen zustandekommt. Die restlichen Gefangenen sollen nach der Unterzeichnung eines endgültigen Friedensvertrages freigelassen werden. Unterdessen entließ die Armee rund 1.800 Soldaten an der Nordgrenze zu Honduras aus dem Dienst, nach Angaben einer Militärsprecherin die größte Demobilisierung der vergangenen Monate.

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