Wirtschaftsweisen fordern: Landesbanken privatisieren
Die Wirtschaftsweisen wollen Landesbanken bis 2015 privatisieren. Die Berater der Bundesregierung halten diese für die "zentralen Schwachpunkte des deutschen Finanzsystems".
BERLIN rtr/taz 21 Milliarden Euro mussten die deutschen Landesbanken bis Mai abschreiben, weil sie sich auf dem US-Immobilienmarkt verspekuliert haben. Die Wirtschaftsweisen forderten daher am Dienstag in einem Sondergutachten für die Bundesregierung, dass die Landesbanken bis 2015 privatisiert werden. Bisher gehören die sieben noch eigenständigen Institute mehrheitlich den Ländern und den Sparkassen.
Die Wirtschaftsweisen kritisierten, dass das Geschäftsmodell der Landesbanken "wenig tragfähig" sei. Sie seien ein "zentraler Schwachpunkt des deutschen Finanzsystems". Keine andere Bankengruppe hätte derartige Verluste aufgehäuft: Die Landesbanken besitzen in Deutschland nur einen Marktanteil von gut 20 Prozent - mussten aber in der derzeitigen Finanzkrise 43 Prozent aller Abschreibungen vornehmen.
Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet die Landesbanken so umfangreich mit hochriskanten Papieren spekuliert haben, denn ihre angestammten Funktionen haben sie weitgehend verloren. So werden die Landesbanken für den Geldverkehr zwischen den Sparkassen kaum noch gebraucht, und viele der großen Sparkassen können ihre Firmenkunden auch selbst betreuen. Ein weiteres Problem für Landesbanken: Im Juli 2005 ist die sogenannte "Staatshaftung" ausgelaufen. Verluste der öffentlichen Institute werden nicht mehr automatisch vom Staat übernommen. Damit wird es für die Landesbanken teurer, Geld auf dem Kapitalmarkt aufzunehmen.
Aber nicht nur das ökonomische Umfeld wird für die Landesbanken schwieriger - oft müssen sie auch Rücksicht auf die politischen Ambitionen der Ministerpräsidenten nehmen. Die Länder würden häufig einen "standortpolitisch motivierten, aber betriebswirtschaftlich unvorteilhaften Einfluss auf die Geschäftspolitik" nehmen, heißt es im Gutachten der Wirtschaftsweisen. Sie empfehlen daher, dass die Länder ihre Anteile an den Landesbanken "ganz aufgeben" oder nur noch einen "klaren Minderheitsanteil" von weniger als 25 Prozent besitzen.
Zudem fordern die Wirtschaftsweisen, die Zahl der Landesbanken zu mindern: Als Zentralinstitut für die Sparkassen würden eine oder zwei Banken reichen. Die Idee ist nicht neu. Gerhard Schröder (SPD) wünschte sich schon zu seiner Zeit als Bundeskanzler weniger Landesbanken. Seine Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) reagierte jetzt ähnlich auf das Gutachten der Wirtschaftsweisen: Sie sehe "Bedarf der Reformierung".
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