: Wirtschaftsförderung zu eigenen Gunsten
■ Der CDU-Bundestagsabgeordneten Glücklich ist es gelungen, die Macht in der landeseigenen Umweltgesellschaft B & SU an sich zu reißen, obwohl sie die Geschäftsanteile nur treuhänderisch erhielt. Gesc
Bei der landeseigenen Beratungs- und Service Gesellschaft Umwelt (B & SU) knirscht es im Gebälk. Während der Noch-CDU- Bundestagsabgeordneten Wilma Glücklich vorgeworfen wird, als Mitgesellschafterin des Wirtschaftsförderungsunternehmens die alte Geschäftsführung geschaßt zu haben, um sich selbst an die Spitze der Gesellschaft zu hieven, erhebt Glücklich ihrerseits schwere Vorwürfe gegenüber dem einstigen Geschäftsführer und Umweltsenator Peter Strieder (SPD). Die ehemaligen Geschäftsführer hätten der Firma wirtschaftlichen Schaden in einer Höhe von etwa einer halben Million Mark zugefügt, behauptet Glücklich, die nicht mehr für den Bundestag aufgestellt wurde. Nähere Angaben wollte Glücklich wegen eines anhängigen Arbeitsgerichtsverfahren allerdings nicht machen. Filz oder Mißmanagement? In einem anonymen Schreiben, das der taz zugegangen ist, wird der CDU-Politikerin vorgeworfen, nach ihrer gescheiterten Wiedernominierung für den Wahlkreis Mitte/Prenzlauer Berg einen „neuen Job zu erpressen“. So weigere sich Glücklich, die ihr noch von Ex-Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) treuhänderisch überlassenen 50prozentigen Geschäftsanteile derB & SU an die Verwaltung zurückzugeben. Statt dessen versuche sie, als Gesellschafterin auch die Geschäftsführung zu übernehmen. Dabei werde der Fortbestand der Firma mit ihren 60 Arbeitsplätzen „ihrem eigenen Interesse untergeordnet bzw., wenn nötig, auch geopfert“, heißt es in dem Schreiben.
Die B & SU ist eine von vier landeseigenen Wirtschaftsförderungsgesellschaften, die Existenzgründer und Projekte unterstützen sollen. Während die anderen drei Gesellschaften der Wirtschaftsverwaltung unter Senator Elmar Pieroth (CDU) unterstehen, ist die B & SU seit ihrer Gründung 1991 bei der Umweltverwaltung angesiedelt. Warum diese freilich ihre Geschäftsanteile an der GmbH an zwei Privatpersonen vergeben hat, will die Verwaltung nicht begründen. „Das ist so üblich“, lautet der lakonische Kommentar des stellvertretenden Umweltstaatssekretärs Wolfgang Bergfelder. Doch Bergfelder irrt. Üblich ist allenfalls eine treuhänderische Überlassung von Geschäftsanteilen, wie dies bei K. von Borries, bis vor kurzem die Mitgesellschafterin von Wilma Glücklich, der Fall war. Bei der Überlassung der Gesellschafteranteile an die CDU-Politikerin Glücklich wurde aber kein treuhänderischer Vertrag abgeschlossen. Glücklich betrachtet ihre Geschäftsanteile deshalb als Privatbesitz, obwohl sie dafür keinen Pfennig bezahlt hat.
Zwar ist es der Umweltverwaltung inzwischen gelungen, die – tatsächlich vertraglich geregelten – treuhänderischen Anteile der Glücklich-Mitstreiterin von Borries zurückzuerhalten. Zuvor freilich hatten Glücklich und von Borries kürzlich den beiden Geschäftsführern gekündigt. Als Interims- Geschäftsführerin wurde von Borries selbst eingesetzt. Wenig Chancen also für die Umweltverwaltung, die Geschicke der Beratungsfirma wieder an sich zu reißen.
Im Hause des Umweltsenators hält man sich in Sachen B & SU freilich bedeckt. Derzeit werde im Senat die Frage diskutiert, ob man sich überhaupt noch vier Fördergesellschaften leisten könne, sagte der stellvertretende Staatssekretär Bergfelder der taz. Deshalb müßte es vorrangig sein, die Turbulenzen zu beheben und der B & SU mit einer „verstärkten Eigenakquise“ neue Chancen zu eröffnen.
Neue Chancen fordert auch Wilma Glücklich. Sie möchte – unabhängig von der Neubesetzung des zweiten Geschäftsführerpostens – die B & SU ebenfalls wirtschaftlich wieder auf die Beine stellen. Unter den Mitarbeitern scheint der Glaube an eine tragfähige Lösung der beiden Gesellschafter Glücklich und Senatsverwaltung allerdings nicht mehr allzugroß zu sein. Mittlerweile tragen sich die Beschäftigten mit dem Gedanken, selbst die Firma zu übernehmen. Uwe Rada
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