■ Mit Lobbyarbeit auf Du und Du: Wirtschaft regiert
Köln (taz) – Auf Initiative der EU-Kommission und der amerikanischen Regierung wurde 1995 der Trans Atlantic Business Dialogue aus der Taufe gehoben. Dem Forum gehören 120 Vorstandsvorsitzende multinationaler Konzerne und Vertreter großer Wirtschaftsverbände an, es ist der weltweit einflussreichste Lobbyverband.
Auf europäischer Seite sind die Bosse von Firmen wie Siemens, Philips, Ericsson, Olivetti, Bayer und Bertelsmann dabei. Auf der kommenden Tagung werden unter anderen DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp und BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel vertreten sein. Die amerikanische Industrie wird durch Schwergewichte wie Boeing, IBM, Ford, GM, Motorola, Westinghouse, Xerox und Procter&Gamble vertreten.
Durch seinen offiziellen Status als beratendes Organ der EU-Kommission ist der TABD zugleich Lobbyverband und Ratgeber der Politik. Die EU-Kommission profitiert von der engen Kooperation, indem sie die illustre Runde als Druckmittel gegenüber nationalen Regierungen nutzt. Einzelne Staaten können sich einer gemeinsamen Linie von EU und Wirtschaftsspitzen nur schwer widersetzen.
Der wichtigste Wunsch des TABD ist die Einführung einer transatlantischen Freihandelszone. Als Vorraussetzung dafür gelten einheitliche Verbraucher-, Umwelt- und Arbeitsschutzgesetze – am besten auf dem niedrigen amerikanischen Niveau wie beispielsweise der in den USA praktisch nicht existierende Kündigungsschutz. Internationale Umweltabkommen, zum Beispiel zum Klimaschutz oder zur Rücknahme von Elektroschrott, lehnt das Gremium vehement ab. Es propagiert vielmehr Selbstverpflichtungen der Industrie, die diesen die Freiheit lässt, sich im Umweltschutz zu engagieren oder es zu lassen.
Handelsbeschränkungen zur Umsetzung politischer Ziele (wie das langjährige Embargo gegen Südafrika) sollen nach dem Willen der Industrie verboten werden. Im Agrarbereich plädieren die Industrievertreter für den ungehinderten Export gentechnisch veränderter Nahrungsmittel und Saatgüter und kritisieren das Importverbot der EU für hormonbehandeltes Rindfleisch.
In rund 40 Arbeitsgruppen erarbeitet der TABD Stellungnahmen zu Gentechnik, Telekommunikation, Zölle, Zulassung von Pharmazeutika, Klimaschutz, etc. Den Bereich Globale Themen, in dem die Wünsche der Industrie für die anstehende WTO-Konferenz gebündelt werden, leitet das Bayer-Vorstandsmitglied Werner Spinner. Phillipp Mimkes
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