: Wirtschaft geht vor
■ Kurden-Proteste gegen Kinkel wegen deutscher Waffenexporte in die Türkei
Mehrere KurdInnen haben am Dienstagabend eine FDP-Veranstaltung mit Bundesaußenminister Klaus Kinkel im Curio-Haus beinahe gesprengt, als sie gegen deutsche Waffen-Lieferungen an das Türkei-Regime protestierten. „Schreien Sie nicht so blöd“, pöbelte der sichtlich aufgebrachte Kinkel eine Rednerin an, die der CDU/FDP-Bundesregierung eine Mitverantwortung an den Kurdenmassakern in der Türkei vorgeworfen hatte. Die FDP ließ das Curio-Haus aber nicht von der Polizei räumen.
Bereits vor Beginn der Veranstaltung hatten etwa 200 Kurden mit Transparenten und Sprechchören gegen deutsche Waffenexporte in die Türkei und für die Förderung der kurdischen Kultur in Deutschland demonstriert. Dabei flogen gegen Kinkels Dienstwagen ein paar Eier.
Die Bundesrepublik sei verpflichtet, Waffen an das NATO-Land Türkei zu liefern, versuchte sich Kinkel herauszureden. Wenn es Nachweise gebe, daß dort deutsche Waffen im Innern eingesetzt würden, dann würden die Lieferungen eingestellt, „vorher nicht“. Doch diese Beweise liegen schon längst vor.
Mehrere Hamburger Beobachterdelegationen sowie diverse Fernsehteams haben Berichte präsentiert, daß westdeutsche Militärfahrzeuge, die über den Hamburger Hafen verschifft wurden, sowie Panzer der Ex-Nationalen Volksarmee gegen die kurdische PKK-Guerilla sowie gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden. Allein in den vergangen drei Monaten sind 138 kurdische Dörfer durch Angriffe der Militärs zerstört worden, 35.000 KurdInnen befinden sich derzeit auf der Flucht.
Kinkel räumte zwar ein, daß es Menschenrechtsverletzungen in der Türkei gebe, für das westliche Bündnis habe das Land aber eine wichtige Brückenfunktion zur islamischen Welt. Außerdem gebe es dort gewaltige westdeutsche Wirtschaftsinteressen.
Peter Müller
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