Wirkstoffe gegen Coronavirus: Ein Impfstoff aus Havanna
Soberana02 heißt der in Kuba entwickelte Impfstoff gegen das Coronavirus. Demnächst wird er im Iran die Testphase III durchlaufen.
Soberana02, so viel wie Souverän02, heißt der vielversprechendste Kandidat. Derzeit durchläuft er die klinischen Tests der Phase II mit rund 900 Probanden in zwei Stadtteilen Havannas mit hohen Infektionszahlen: La Lisa und Plaza de la Revolución. Zwei Impfungen binnen 28 Tagen sehen die Tests vor, und bisher sind alle Ergebnisse zu Verträglichkeit, Immunantwort und Effektivität des Impfstoffs positiv. Damit ist Soberana02 der erste lateinamerikanische Impfstoff und zugleich auch einer der ersten, die in einem Land des globalen Südens die Phase II erreicht haben.
Die Vorbereitungen für die Phase III laufen in Havanna bereits, welche jedoch nicht auf Kuba stattfinden kann. Der Grund dafür ist einleuchtend: es gibt auf der Insel nur rund 23.000 Infizierte (Stand 27. 1.). Zu wenig für die geplanten Tests mit rund 150.000 Probanden, die deshalb im Iran stattfinden werden.
Die Verträge mit den iranischen Kollegen des Pasteur-Instituts in Teheran wurden bereits Anfang Januar unterzeichnet. Im Iran hat sich das Virus deutlich stärker verbreitet, rund 1,4 Millionen Infizierte gibt es laut offiziellen Zahlen im Land. Dort soll eventuell schon im Februar, eher aber im März mit dem Impfen der Probanden in der Hauptstadt begonnen werden. Danach wären alle international verbindlichen Voraussetzungen erfüllt, um Soberana02 bei der WHO registrieren zu lassen und das Vakzin auch international anzumelden.
Proteinbasierter Impfstoff
Soberana02 ist ein aus Proteinen bestehender Impfstoff. Das hat einige Vorteile gegenüber den beiden bisher im Einsatz befindlichen mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna. So muss Soberana02 nicht gekühlt werden. Er enthalte nur Teile des Coronavirus, sei sicher und rufe keine Nebenwirkungen hervor, betonte Vicente Vérez auf einer Pressekonferenz letzte Woche in Havanna.
Vérez ist Direktor des Finlay-Instituts und gerade dabei, die Produktionskapazitäten auf der Insel neu zu organisieren. 100 Millionen Impfdosen wollen Vérez und sein Team produzieren, um 2021 sowohl die eigene Bevölkerung zu impfen als auch die Nachfrage aus Ländern wie Venezuela, Iran, Pakistan, Vietnam und Indien zu decken. Laut seinem Team, zu dem auch die bereits erwähnte Doktorin Dagmar García Rivera gehört, ist Soberana02 ein proteinbasierter Impfstoff, der aus zwei durch eine chemische Reaktion verbundenen Proteinen besteht. Ein, so die kubanischen Wissenschaftler, bisher noch weitgehend neues Verfahren.
Das könnte zum Hoffnungsschimmer für Länder im globalen Süden werden, denn Kuba versteht sich traditionell als medizinisch-pharmazeutischer Forschungsstandort in deren Dienst, wie es Fidel Castro einst formulierte. Daran hat sich nichts Wesentliches geändert, wenn man den Worten des Direktors des Finlay-Instituts Glauben schenken darf: „Wir sind kein multinationaler Konzern, wo die Rendite über allem steht. Unser Ziel ist es, Gesundheit zu fördern“, erklärte Vérez gegenüber der argentinischen Tageszeitung Pagina 12. Ziel seines Teams ist es, Kuba zu einem der ersten Länder mit einer durch und durch immunisierten Bevölkerung zu machen.
Das könnte auch die internationale Aufmerksamkeit auf die anderen drei Corona-Impfstoffe aus kubanischer Produktion sowie die anderen Produkte aus dem Finlay-Institut lenken. Für die Forscher und die kubanische Regierung wäre das ein durchaus gewünschter Nebeneffekt. Der könnte mit dem Wechsel im Weißen Haus auch wieder realistischer werden. Das unter Donald Trump massiv verschärfte US-Embargo ist derzeit die größte Hürde für internationale Kooperationen. Interesse wird nicht nur US-Unternehmen nachgesagt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene