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Zur ARD- und ZDF-Berichterstattung über das Karlsruher Rundfunkgebühren-Urteil
Wenn einem so viel Gutes widerfährt, dann ist das einen „Brennpunkt“ wert. Mit geradezu kindlicher Freude triumphierte Ernst Elitz für die ARD über die öffentlich-rechtliche Rückenstärkung aus Karlsruhe. Privatsender und Politiker hätten „eins draufbekommen“, höhnte der SDR-Oberjournalist. In unverhohlener Subjektivität lobte er das hauseigene Abendprogramm und stellte grinsend fest, daß 23,80 Mark Rundfunkgebühr dafür doch so viel nicht seien. NDR-Chef und ARD-Primus Plog durfte sich noch brave Stichworte geben lassen. Interview kann man das wohl kaum nennen. Eher ein zufriedenes Gespräch zwischen dem Intendanten im Amt und dem Intendanten in spe — Elitz' DeutschlandRadio-Ambitionen ließen staatsmännisch grüßen.
Eine Stunde später war Plog bereits ins benachbarte Tagesthemen-Studio geeilt. Auch hier eitel Freude und Plogsche Begründungen für den Frohsinn. Die Kritikfreude Wickerts war wohl irgendwo im vorangegangenen Langstreckeninterview mit CDU-Parteitagsstar Helmut Kohl verlorengegangen.
Das ZDF hielt im Wettbewerb um den Preis für Selbstgefälligkeit tapfer mit. Der hauseigene Rechtsexperte Bernhard Töpper erklärte den Heute-Zuschauern, wieviel gute Information, Kultur und Unterhaltung sie für ihre Gebühr bekämen. Für die nächste Gebührenerhöhung werde der TV-Konsument da sicher Verständnis haben. Die dazugehörigen Berichte in den ZDF-Nachrichtensendungen verkündeten mit Stolte-O-Tönen satt das Credo vom endlich politikfreien Rundfunk.
Dieses Entzücken über die vermeintliche neue Unabhängigkeit blieb bei der Berichterstattung in eigener Sache ohne Widerspruch oder kritische Nachfrage. Kein Wort davon, daß der Parteieneinfluß über den Gebührenhammer zwar wirkt, aber nur in allgemeiner Kritik und Sparappelle münden kann. Kein Wort davon, daß politischer Druck in öffentlich-rechtlichen Anstalten bisher und auch nach dem Urteil vor allem per Personalpolitik ausgeübt wird. Ob es daran liegen mag, daß die ARD- Hierarchien von Plog und Stolte bis zu Wickert und Elitz ihre Karrieren der parteipolitischen Zuordnung verdanken? In Spitzenposten bis hinunter zum Abteilungsleiter führt wohl auch künftig vor allem das richtig gefärbte Parteiticket. Christoph Heinzle
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