■ Querspalte: Wir sind das Volk
Wer viel fragt, kriegt viel Antwort, sagt der Volksmund. Der ist zwar nicht kommenden Montag zur Ökosteuer-Anhörung eingeladen, sonst aber so ziemlich alles, was für sich in Anspruch nimmt, dem Volk aus der Seele zu sprechen. Ursprünglich sollte die Ökosteuer ja noch in Windrades Eile durchs Parlament gepustet werden, um fertig geschnürt unterm Weihnachtsbaum zu landen. Rot-Grün wußte warum. Zur Ende November geplanten Anhörung waren 30 Teilnehmer geladen, halt ein paar Wissenschaftler und die üblichen Verteter von Ökooverbänden, Chemie-, Stromindustrie und so weiter. Inzwischen haben alle mitgekriegt, daß es da etwas zu durchlöchern gibt: Rund 50 weitere Verbände wollen nun demonstrieren, wer hier die wahren Volksvertreter sind.
Während zu einem normalen Gesetz selten mehr als 25 mehr oder weniger Sachverständige angehört werden müssen, wollte bei der Ökosteuer niemand fehlen. Alle drängten sie auf eine extra Einladung: Hoteliers, Familienverbände (evangelisch, katholisch wie konfessionslos), Einzelhändler, Taxifahrer, Möbelspediteure, der Bund der Deutschen Zollbeamten, der Zentralverband Gartenbau und die Reisebüros. Auch die amerikanische Handelskammer in Deutschland will ihren american way of commerce verteidigen, und selbst der Verband der Kriegs- und Wehrdienstopfer läßt die Ökosteuer nicht kampflos durchgehen.
Vorbei sind die Zeiten, als sich Umweltschützer an der konservativ-liberalen Bundesregierung blutige Nasen holten mit ihrem Anspruch, dieselbe überall hineinstecken zu dürfen. Umwelt sei eben eine Querschnittsaufgabe, was auch Ex- Umweltministerin Merkel regelmäßig wie wirkungslos betonte. Unter Rot-Grün ist das endlich anders. Die Umweltschützer brauchen nicht mehr überall hinzulaufen. Der Querschnitt der Bevölkerung kommt nun selbst vorbei, um den Ökos eins auf die Nase zu geben. Ganz im Sinne der Verkehrsvermeidung. Und das war ja schließlich der Sinn der Benzinsteuer. Matthias Urbach
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