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Archiv-Artikel

„Wir setzen die Energiewende um“

GEWERKSCHAFT Der Chef der IG Bergbau Vassiliadis verteidigt den Tagebau und sieht in der Braunkohle eine Brückentechnik

Michael Vassiliadis

■ 49, ist Vorsitzender der IG Bergbau, Chemie, Energie. Seit 2011 ist er Mitglied der Ethikkommission für sichere Energieversorgung, war im Rat für nachhaltige Entwicklung. Außerdem ist er stellvertretender Aufsichtsratschef der K + S AG und der Evonik Steag, sitzt in den Aufsichtsräten von Henkel und BASF.

taz: Damit Vattenfall weiter Braunkohle abbauen kann, sollen in der Lausitz mehrere Tausend Menschen umgesiedelt werden. Warum demonstriert Ihre Gewerkschaft dafür?

Michael Vassiliadis: Die Braunkohle ist eine wichtige Brücke in das regenerative Zeitalter. Wir wissen aber sehr gut, dass man den Verlust der Heimat nicht mit Geld ausgleichen kann.

Gutachter sagen, dass die bestehenden Braunkohlereviere ausreichen.

Ich kenne viele Gutachten, nicht alle sind seriös und die Ergebnisse sind unterschiedlich. Fakt ist, dass wir uns das Ziel Atomausstieg bis 2022 gesetzt haben.

Und dafür brauchen wir Braunkohle statt Windräder?

2022 ist in der Energieversorgung morgen. Bis dahin können wir noch viele Windräder bauen, aber niemand weiß, wie wir Windstrom speichern. Deshalb brauchen wir eine tragfähige Brücke – also Braunkohle, Gas oder Steinkohle.

Warum Braunkohle?

Dass Braunkohle einen hohen CO2-Ausstoß bezogen auf die erzeugte Energie hat, ist richtig. Aber richtig ist auch: Deutschland stößt nur drei Prozent des weltweiten CO2 aus. Wir könnten zudem CO2 aus der Welt schaffen, wenn wir alte Kohlekraftwerke durch neue ersetzen.

Damit entscheiden Sie gegen das Klima.

Unsinn. Wir müssen und können die CO2-Emissionen in anderen Bereichen senken. Ich will keine erneute Debatte über Kernenergie. Deshalb sollten wir froh sein, dass wir mit der Braunkohle einen zuverlässigen Energieträger haben.

Laut Greenpeace lösen die Schadstoffe des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde 373 Todesfälle im Jahr aus.

Sie können für jede Technologie statistisch Todesfälle hochrechnen und sie so diskreditieren. Greenpeace hat mich in seinem Schwarzbuch als käuflichen Kohlelobbyisten diffamiert und es nicht für nötig befunden, vor Veröffentlichung meinen Standpunkt anzuhören.

Sie sind stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Kohlekraftwerk-Betreibers Steag.

Ich bin sehr froh, als Arbeitnehmervertreter nicht nur im Aufsichtsrat der Steag mitbestimmen zu können. Sonst würden da nur die Aktionäre entscheiden. In der Ethikkommission für den Atomausstieg habe ich die Energiewende vom ersten Tag an mitgetragen. Das gefällt auch nicht allen meinen Mitgliedern. Der Unterschied ist: Greenpeace produziert Überschriften, wir setzen die Energiewende um.

INTERVIEW: INGO ARZT