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»Wir lassen uns nicht entmündigen«

■ Studenten der Humboldt-Uni begannen Protestmarsch gegen die Abwicklung nach Leipzig/ Warnstreik geplant INTERVIEW

Gestern sind über 80 Studenten und Hochschullehrer der Humboldt-Universität zu einem Protestmarsch gegen die Abwicklung einzelner Fachbereiche aufgebrochen. Über Potsdam, Treuenbrietzen, Wittenberg und Bad Düben wollen sie in den nächsten Tagen nach Leipzig laufen. Vor dem Abmarsch sprach die taz mit Susan Arndt vom Studentenrat.

taz: Was versprecht ihr euch von dieser anstrengenden Aktion?

Susan Arndt: Wir wollen das Problem der Abwicklung öffentlicher machen, als es ist. Ständig heißt es in den Medien, wir würden uns hinter die Seilschafen stellen, wir seien systemkonforme Studenten, die um die letzten DDR-Reste kämpfen. Wir wollen den Leuten klarmachen, worum es uns geht: um die konsequente Erneuerung unserer Universität. Wir wehren uns dagegen, von der Regierung entmündigt zu werden.

Der Studentenrat schlägt einen zweitägigen Warnstreik vor.

Diese Tage sollen von den Studenten dazu genutzt werden, intensive Gespräche mit den Mitarbeitern zu führen. Wir wollen Ergebnisse vorlegen, denn wir können die Abwicklung nicht nur negieren, sondern müssen dem etwas entgegensetzen. Nur wir sind in der Lage zu erkennen, welche Leute gehen müssen und welche sich inzwischen schon in ein anderes Boot gesetzt haben. Außerdem planen wir in der Zeit eine Demo aller »Abgewickelten«, denn es geht nicht nur um uns.

Glaubst du, daß ihr den Streik durchsetzt?

Es gibt Studenten, die sehen die Abwicklung im Kontext eines Eingriffes in die Selbstfindung der ehemaligen DDRler. Dann gibt es Studenten, die befürchten, daß sie ihren Abschluß nicht machen können. Und es gibt eine Motivation auf psychischer Ebene, daß man sich verraten und ungerecht behandelt fühlt. Allgemeiner Konsens ist, daß die Abwicklung ein Politikum darstellt, das als solches abgelehnt werden muß.

Euch wurde versichert, daß ihr eure Ausbildung abschließen könnt...

Das ist eine Lähmungs-Taktik. Die Studenten sind anerkannterweise die produktivste und innovativste Kraft an dieser Universität. Um diese zu beruhigen, sagt man ihnen, ihr seid ja gar nicht betroffen. Nur ein Gegenargument: Es ist allein moralisch unerträglich, an einer Universität zu studieren, die als ideologisch verseucht gilt.

Statt der fünf abgewickelten Bereiche sollen drei neue Studiengänge eingerichtet werden. Weißt du, wie diese aussehen sollen?

Erklärt wurde uns, daß es keine neuen Studiengänge gibt, sondern das diese bleiben, nur unter andere strukturelle Einheiten gefaßt werden. Also zum Beispiel Rechts- und Wirtschaftswisenschaften unter Staatswissenschaften. Daß es keine inhaltlichen Gründe gibt, macht die Sache noch absurder. Es ist nur eine Methode, um die demokratischen Gremien zu zerschlagen und letztlich ein Schlag gegen die ostdeutschen Wissenschaften.

Wie lange wollt ihr durchhalten?

Bis wir als Partner bei der Selbsterneuerung akzeptiert werden. Interview: Anja Baum

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