: „Wir können nur danke sagen“
■ Bürgermeister von Lukavac in Bremen / Hilfe soll weitergehen
„Wenn man Hunger hat und dann kommt jemand und gibt einem zu essen, dann bedeutet das sehr viel. Wir können zur Zeit nicht viel mehr tun als danke sagen und auf bessere Zeiten hoffen.“ Sead Hasanhodzic ist Bürgermeister der Region Lukavac in Bosnien, die seit Monaten von serbischen Truppen umzingelt und ausgehungert wird. Er war gestern in Bremen, um sich für die Hilfe der BürgerInnen durch die „Brücke der Hoffnung“ zu bedanken.
„Es ist schwer zu erklären, wie es zum Krieg gekommen ist. Das hat keiner richtig geglaubt.“ Der Bürgermeister von Lukavac ist ratlos. „Aber die Serben können nicht alle Moslems umbringen. Irgendwann müssen sie wieder mit uns oder neben uns leben.“ Doch bis dahin müssen die Menschen in der Region Lukavac/Tuzla erst einmal überleben. „Januar, Februar und März waren absolute Hungermonate“, erzählt die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Marieluise Beck, die für ihr Engagement bei der „Brücke der Hoffnung“ zur Ehrenbürgerin von Lukavac ernannt wurde (siehe taz von gestern). Denn die UNO-Flüchtlingsorganisation UNHCR versorgte nur die etwa 200.000 Flüchtlinge in Lukavac – die 700.000 EinwohnerInnen mußten sich irgendwie durchschlagen, mit einem Eßlöffel Öl und ein paar hundert Gramm Brot im Monat. „Die Leute wissen überhaupt nicht mehr, wie sie die Zeit überlebt haben.“
Das Schlimmste scheint erst einmal vorbei. Denn seit dem brüchigen Frieden zwischen Kroatien und Bosnien im März können Hilfskonvois wieder in die Region gelangen. Allerdings nur über einen fast unbefahrbaren Waldweg, der in Reichweite serbischer Artillerie liegt und mit hohen Zöllen und Schmiergeldern an die Kroaten freigehalten werden muß. Selbst nach offiziellen UNO-Angaben, so Beck, hat die Region Lukavac/Tuzla im Winter nur knapp 20 Prozent der benötigten Hilfsgüter bekommen.
Deshalb darf die Hilfe – bisher ist aus Bremen knapp eine Million Mark geflossen – auch noch nicht beendet sein. „Es wird immer schwieriger, die Leute zum Spenden zu animieren, denn sie denken, der Krieg wäre vorbei“, meint Beck. Gerade jetzt gebe es aber einen riesigen Bedarf an Hygienartikeln für Frauen, an Stoffen und an Schreibpapier, um den Menschen in der Region auf ihrem Weg in eine vorläufige Normalität zu helfen. „Es herrscht normaler Alltag, aber jeden Augenblick kann irgendwo eine Granate einschlagen. Der Krieg ist allgegenwärtig.“ bpo
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