: „Wir behindern die polnischen Kollegen“
■ Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Hans Dieter Wimmer, fordert ein Gesetz zum Einsatz von Grenzschützern in Polen. Deutsche BGS-Beamte haben dort nichts verloren
taz: Bundesgrenzschutzbeamte laufen unbewaffnet auf polnischem Staatsgebiet zusammen mit polnischen Kollegen Streife. Sie werfen Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) vor, die BGS-Beamten würden verheizt. Übertreiben Sie da nicht?
Hans-Dieter Wimmer: An der Ostgrenze geht es in letzter Zeit – ich erinnere nur an den Tod von sieben Menschen bei einem schweren Verkehrsunfall eines Schleuserwagens – deutlich härter zu. Das Schlepperwesen gehört ja mittlerweile zu einem der einträglichsten Geschäftszweige. Da fließen hohe Geldsummen. Vieles ist gut durchorganisiert, und es wird auf den Erfolg hingearbeitet. Es ist doch nicht ausgeschlossen, das bei einem Durchbruch von Schleppern keine Rücksicht auf unsere Beamten genommen wird.
Aber die polnischen Beamten sind doch bewaffnet.
Das löst das Problem doch nicht, verschlimmert es eher. Denn die polnischen Beamten wären in einem Notfall gezwungen, sich zunächst um die deutschen Kollegen zu kümmern, um sie zu schützen. Damit behindern wir eigentlich nur unsere polnischen Kollegen. Ich habe den Eindruck, hier werden die BGS-Beamten vom Bundesinnenminister zu Wahlkampfzwecken mißbraucht.
Was wäre die Alternative?
Grundsätzlich begrüßen wir ja die grenzüberschreitende Kooperation mit Polen. Aber dafür brauchen wir eine Rechtsgrundlage. Derzeit sind unsere BGS-Beamten auf polnischem Gebiet nichts anderes als Gäste. Sie haben keinerlei Eingriffsrechte und können sich im Notfall nicht schützen. Die Streifen sollten so lange nicht auf polnischem Gebiet laufen, bis ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag vorliegt. Bis dahin könnte man etwa einen gegenseitigen Austausch von Beamten in den jeweiligen Lagezentren organisieren. Das wäre ebenfalls ein Symbol für die angestrebte Kooperation.
Was geschieht denn, wenn bei einem Schußwechsel ein BGS-Beamter auf polnischem Boden verletzt oder gar getötet würde?
Das Bundesinnenministerium behauptet, daß dies in versorgungsrechtlicher Hinsicht kein Problem wäre. Das sehen wir anders. Unserer Ansicht nach wäre ein solcher Fall, von dem wir hoffen, daß er nicht eintritt, nur unbürokratisch von Ministeriumsseite her zu lösen. Nach jetzigem Recht hat unserer Auffassung nach ein deutscher Polizei- oder BGS-Beamter auf polnischem Boden gar nichts verloren. Nach geltender Rechtslage ist die Teilnahme eines BGS-Beamten am gemeinsamen Streifendienst so zu bewerten, als würde er sich in seiner Freizeit privat in Polen aufhalten. Interview: Severin Weiland
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